Marktkommentar Roggen - März 2020
Im östlichen Rye Belt ist Roggen weiterhin ein knappes Gut. In heimischer Währung sind die Preise weiterhin sehr hoch. In Russland stieg der Roggenpreis von Ende Januar bis Mitte März um 690 RR/t auf 13.640 RR/t. Dagegen fiel der Preis in Euro von 183 €/t auf 160 €/t. In der Ukraine blieb der Preis mit 6.200 UAH/t bis 6.800 UAH/t franko Mühle stabil (210 bis 230 €/t) stabil. Aufgrund der sehr engen Versorgungsbilanz und der geografischen Lage der Roggenmühle ist dort die Preisspanne bei den gehandelten Kontrakten sehr hoch. Dagegen ist die Roggenversorgung in der EU-27 komfortabel. Eine Seitwärtsbewegung ist am polnischen und am deutschen Roggenmarkt zu verzeichnen. In Polen wurden zuletzt Preise franko Verarbeiter von 540 bis 580 PLN/t genannt (120 – 125 €/t). Während in Deutschland franko Mühle in den Verarbeitungsregionen Preise von 160 bis 165 €/t gezahlt wurden.
Trotz der Corona-Krise laufen die Getreideexporte rund um den Globus weiter auf hohem Niveau. Lebensmittel auf Basis von Getreide vom Mehl bis zur Nudel sind in der Krise überall gefragt und werden verstärkt in den Einkaufswagen gelegt. Ausgehend von der lokalen Versorgung wird der Weltmarkt angeheizt. Aus den USA werden hohe Exportzahlen gemeldet. So soll China 340.000 t US-Weizen gekauft haben. Gleichzeitig wurden 756.000 t Mais nach Fernost exportiert. Beide Geschäfte zählen zum Phase-I-Abkommen zwischen den USA und China. Auch in der EU-28 läuft das Exportprogramm. So haben die EU-27 und das Vereinigte Königreich bis Ende der zweiten Märzwoche fast 23,5 Mio. t Weizen und Weizenmehl exportiert. Dies steht im Vergleich zu den schwachen 13,9 Mio. t im Vorjahreszeitraum. Die EU-28 hat damit bereits 73 % der Exportprognose des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums, USDA, erreicht (Vj. 60 %). Neben Deutschland, Frankreich und Rumänien meldet auch Polen hohe Weizenexporte über die Häfen in Szczecin, Gydina und Gdansk. Für März werden insgesamt Exporte in Höhe von 350.000 t erwartet und für April von 200.000 t. In Russland schießt die internationale Nachfrage nach dem drastischen Verfall des Rubels in die Höhe, der seit Anfang März 28 % seines Wertes gegenüber dem Euro verloren hat. Für einen Euro musste man zuletzt 86 RR bezahlen. Sovecon korrigierte für März die Exportprognose von 2,1 Mio. t auf 3,4 Mio. t. Dagegen meldete die Ukraine aufgrund des etwas stärkeren Griwnas einen Rückgang des Außenhandels mit Weizen und Mais. Der Griwna gab gegenüber dem Euro um nur 11 % nach. Insgesamt ist festzuhalten, dass die veränderten Währungsverhältnisse den Markt in den letzten Wochen beeinflusst haben, da auch der Euro gegenüber dem US-Dollar 5 % eingebüßt hat und der polnische Zloty gegenüber dem Euro um ebenfalls 5 % gefallen ist. Am internationalen Roggenmarkt hat der internationale Handel ebenfalls zugenommen. Die EU-28 hat im laufenden Vermarktungsjahr bereits knapp 200.000 t Roggen verkauft. Dabei waren die USA mit 101.000 t, Russland mit 47.000 t und Kanada mit 27.500 t die wichtigsten Käufer. Insbesondere der hohe Import Richtung Russland ist eine neue Entwicklung. Die Ware wird überwiegend aus den Nachbarländern Estland und Lettland geliefert. Die EU-27 hat damit bereits die Prognose des USDAs erreicht. Es ist zu erwarten, dass sie in der Aprilschätzung erhöht werden wird. Weiterhin läuft auch der Exporthandel zwischen Polen und Deutschland auf hohem Niveau. Es wurden bereits von Ost nach West 350.000 t exportiert. Käufer sind die Ethanolwerke und Mischfutterhersteller.
Im Gegensatz zu Weizen und Roggen sind andere Agrarprodukte infolge der Krise unter Druck geraten. Dies wird am Beispiel des deutschen Marktes verdeutlicht. Vor allem die Braugerste macht der zurückgehende Bierverbrauch infolge der Schließung der Gaststätten und Bars zu schaffen. Für Braugerste werden franko Malzfabrik Preise von 180 bis 190 €/t genannt. Regional ist die Preisprämie auf Futtergerste auf 20 bis 25 €/t gesunken. Neben der niedrigen Nachfrage drückt auch die erwartete hohe Aussaatfläche der EU-28 auf die Preise. Darüber hinaus klagen auch die Winzer über einen Nachfragerückgang im Hotel- und Gaststättengewerbe, der nicht durch die Zunahme des Onlinehandels mit den Endkunden ausgeglichen werden kann. Während Speisekartoffeln durch die privaten Haushalte aufgrund des „Hamsterns“ derzeit stark nachgefragt werden, geht der Verbrauch von Verarbeitungskartoffeln für Pommes frites aufgrund des eingeschränkten Gastronomiebetriebs stark zurück. Gefragt ist derzeit beim Endverbraucher auch Mehl. Als lagerfähiges Produkt wird Mehl für die Risikovorsorge sehr geschätzt. Während der Mehlabsatz Richtung Bäckereien und Lebensmittelindustrie auf dem gewohnten Niveau läuft, arbeiten die Mühlen bei den Einzelverpackungen an der Kapazitätsgrenze. Nach den rückläufigen Preisen berichten Landwirte vor allem beim Weizen in der dritten Märzwoche wieder von steigenden Preisgeboten. Aufgrund von Schiffsverladungen suchen die Händler weiterhin Weizen. Hinzukommen Preisangebote bei Lieferungen Richtung Ethanolwerke und Mischfutterwerke. Aufgrund der Unsicherheit der Logistikkette durch lange Staus an den Grenzen sowie fehlenden LKW-Fahrern werden Lieferverzögerungen befürchtet und daher die Vorräte im Werk bei einigen Verarbeitern erhöht. Daraus resultierende Preisspitzen können für die Vermarktung genutzt werden. Roggen bleibt dagegen ein wenig beachtetes Produkt. In den süd- und westdeutschen Verbrauchsregionen werden Preise von 165 €/t genannt. Dabei schwanken die Preise um +/- 5 €/t. Der JoJo-Effekt wie bei den anderen Getreidearten ist beim Roggen ausgeblieben. Logistische Einschränkungen treten dagegen bei der Belieferung der Ethanolwerke mit Roggen aus Polen aufgrund der verzögerten Abwicklung an der Grenze auf. Bei den Hamsterkäufen scheinen Roggenmehle weniger gefragt zu sein.
Der Preis für Rohöl ist seit Ausbruch des Corona-Virus Anfang des Jahres kontinuierlich zurückgegangen. So sank der Kurs für Rohöl von Anfang Januar bis Anfang März um 16 US-$ auf 53 US-$ pro Barrel. Ab Anfang März beschleunigte sich dieser Prozess. So halbierte sich der Kurs in den ersten drei Märzwochen bis auf 27 US-$ pro Barrel Ende der dritten Märzwoche. Dieser starke Preisverfall bei Rohöl wirkt sich stark auf den Ölsaaten- und Maismarkt aus. Infolge der weltweit zunehmenden Biodieselbeimischung in den vergangenen Jahren, insbesondere in Indonesien, Malaysia sowie in Brasilien, ist der Pflanzenölpreis mit der Preisentwicklung des Rohöls verknüpft. In den USA hängt der Maispreis an der Ethanolproduktion und in Deutschland und Polen sind die Werke in Brandenburg ein wichtiger Absatzkanal. Die Corona-Krise mit deren Auswirkungen lässt einen Rückgang beim Bioethanolverbrauch durch einen sinkenden Kraftstoffverbrauch erwarten. Der Zusammenbruch des Flugverkehrs, ein abnehmender PKW-Verkehr aufgrund ausfallender Urlaubsreisen sowie abnehmenden Pendlerverkehr infolge gestiegener Mitarbeiter im Homeoffice sorgen für eine geringere Kraftstoffnachfrage und somit auch einer geringeren Nachfrage nach Ethanol. Entscheidend für die weitere Entwicklung ist, wie lang die Einschränkungen im Transportwesen anhalten werden. Cropenergies versucht mit der Produktion von Neutralalkohol in den Werken im thüringischem Zeitz und im belgischen Wanze einen Absatzweg in Richtung Desinfektionsmittel aufzubauen.
Am stärksten von der Krise durch den Preisverfall beim Rohöl betroffen, ist derzeit die US-Ethanolproduktion. Aktuell gibt es ca. 200 Anlagen in den USA, die 1 Million Barrel Ethanol pro Tag produzieren. Viele Anlagen haben die Ethanolproduktion Mitte März stark zurückgefahren und teilweise ganz eingestellt, da der niedrige Ölpreis die Wettbewerbsfähigkeit von Ethanol aus Mais stark belastet. Der Ethanolpreis ist in Chicago um 32 % auf 0,26 $/l gefallen. Damit ist die Ethanolproduktion nicht mehr kostendeckend. In den USA gehen 40 % der inländischen Maisproduktion in die Ethanolverarbeitung. Dies sind 138 Mio. t Mais. Infolge der eingeschränkten Ethanolproduktion wird ein Teil dieser Menge in den Futtermittelsektor und in den Export drücken. Im Vergleich zu den Produktionsmengen in den USA steht der EU-Maisverbrauch in Höhe von 83 Mio. t, von denen 21 Mio. t im laufenden Vermarktungsjahr laut USDA-Prognose importiert werden soll.
Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass in der Ruhe die Kraft liegt. Nach der ersten Schockwelle ist die Nachfrage im Rye Belt und am Weltmarkt zurückgekehrt. Trotz der schwierigen Zeiten ist auch das eingelagerte Getreide der Ernte 2019 gefragt. Roggen ist weiterhin im östlichen Rye Belt knapp und das westlichen Rye Belt ist gut versorgt. Abzuwarten bleibt dabei die Höhe der Exporte von West nach Ost, die insbesondere den Roggenmarkt im Baltikum beleben werden. Es ist ratsam, die aktuelle Situation Belebung des Marktes für die Fortsetzung der Vermarktung der eingelagerten Restpartien zu nutzen. Im Gegensatz zur aktuellen Nachfrage sind die Verarbeiter mit dem Kauf der Ernte 2020 aufgrund der hohen Unsicherheit sehr vorsichtig. Trotz des täglichen Blicks an die Börse bleibt das oberste Gebot, die Gesundheit von sich und den Mitarbeitern zu schützen, um den Betriebsablauf für die kommenden Wochen und Monate sicherzustellen.
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Diese Informationen sind sorgfältig erarbeitet. Eine Garantie für Richtigkeit und Vollständigkeit wird jedoch ausgeschlossen. Informationen zusammengestellt von Dr. Reimer Mohr.
