Herr Büchting, was macht für Sie den Reiz des Getreidegeschäfts aus?
Für unsere Geschäftseinheit (Business Unit) Getreide gilt: klein, aber oho! Sie macht zwar weniger Umsatz als die Business Units Zuckerrüben und Mais, bedient aber die mit Abstand größte Anbaufläche. Im Gegensatz zu den anderen Segmenten beinhaltet die Business Unit Getreide eine Vielzahl von Kulturpflanzen. Neben den bekannten Getreidearten wie Weizen, Gerste und Roggen gehören auch Raps, die „Special Crops“ wie Sorghum oder Körnererbsen als auch das Ökosaatgut dazu. Dadurch sind in der Business Unit die unterschiedlichsten Geschäftsmodelle gebündelt. Der Business Unit Getreide kommt somit eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung zukünftiger Fruchtfolgen in unserer Landwirtschaft zu.
Wo sehen Sie beim Getreidegeschäft die größten Chancen für KWS? Und worin liegen die Herausforderungen?
Eine große Chance ist die Ausdehnung des Hybridroggenanbaus. Im Roggen steckt ein enormes Potenzial, da er relativ anspruchslos, aber dennoch ertragsstark ist. Der Roggen erfüllt alle Anforderungen der Gesellschaft an eine moderne Getreidekultur: Wasser- und nährstoffeffizient, unempfindlich gegenüber den meisten Krankheiten und mit dem höchsten Gehalt an wertvollen Ballaststoffen aller Getreidearten. Aufgrund der Änderungen der Ernährungsgewohnheiten werden diese Eigenschaften zunehmend entscheidender. Langfristiges Ziel der KWS ist deshalb beim Hybridroggen eine Verdoppelung der weltweiten Anbaufläche. Hierfür ist sicher noch weitere Überzeugungsarbeit im Markt zu leisten. Eine Grundlage dafür ist die weiterhin stabile Versorgung mit leistungsfähigen Sorten aus unserer Züchtung. Was den Marktanteil im Weizen angeht, sind wir noch nicht ganz da, wo wir hinwollen. Ich sehe hier noch Potenzial. Politische Rahmenbedingungen, wie z.B. die neue Düngeverordnung, aber auch Witterungsextreme, stellen für uns in der Weizenzüchtung derzeit die größten Herausforderungen dar. Wir müssen als Pflanzenzüchter bereits heute einschätzen, welche Anforderungen die Gesellschaft und somit die Politik an eine Sorte in der Zukunft stellen wird. Unser Ziel ist es, KWS als einen der führenden Weizenzüchter in Europa zu etablieren und in unseren Kernmärkten relevante Marktanteile zu erreichen. Dafür arbeiten wir auch an der Entwicklung von effizienten Hybridsystemen bei Weizen und Gerste, da wir überzeugt sind, dass auch in diesen Kulturarten die Hybridzüchtung großes Potenzial bietet.
Welche Rahmenbedingungen werden sich zukünftig für die Landwirte ändern und was bedeutet das für KWS?
Jeder einzelne Landwirt wird sich fragen, wie er den immer komplizierter werdenden Rahmenbedingungen begegnet. Neben den Anforderungen der Gesellschaft und Politik nach einer nachhaltigen Landwirtschaft, haben die starken Preisschwankungen auf den globalen Getreidemärkten erheblichen Einfluss auf unsere heimischen Landwirte. Weiterhin hat auch der zunehmende Klimawandel einen großen Effekt auf die Landwirtschaft. Unsere Verantwortung als Züchter ist es, den Landwirtinnen und Landwirten bei dieser Herausforderung zu helfen. Wir sehen einen wichtigen Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft in der Pflanzengenetik und Züchtung. Leistungsfähige und robuste Sorten können dabei einen Beitrag zur Ertragssicherung und damit Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte leisten. Ein Ausdruck dessen ist der überproportionale Anteil von 15 % des Umsatzes, den KWS jährlich in den Bereich Forschung und Entwicklung investiert. KWS wird immer größer und internationaler.