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Hybridkartoffel: Kartoffelsaatgut statt Pflanzkartoffeln

14. Dezember 2017, Lesezeit: 4 Minuten

KWS wird die vielseitig nutzbare Kartoffel weiter züchterisch bearbeiten und verfolgt dabei langfristig ausgelegte Ziele: Am Ende des Prozesses kann mit der Hybridkartoffel, die über Saatgut vermehrt wird, ein völlig neues und innovatives Produkt stehen.

An der Zuchtstation Emmeloord arbeiten zahlreiche Mitarbeiter an der Hybridkartoffel

An der Zuchtstation Emmeloord arbeiten zahlreiche Mitarbeiter an der Hybridkartoffel

Die Kartoffel – davon ist KWS überzeugt – bietet großes Potenzial. Sie gehört zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln weltweit, und der Bedarf an Kartoffelprodukten steigt. Damit steigen auch die Ansprüche an das Nachtschattengewächs: Der Ertrag der Sorten soll genauso steigen wie die Qualität der Inhaltsstoffe. Dabei sind die aktuell auf dem Markt befindlichen Sorten meist schon ziemlich „in die Jahre“ gekommen und der züchterische Fortschritt hält sich in Grenzen. Hier sieht KWS die Chance, mit innovativen Ansätzen das Potenzial der Kartoffel auszuschöpfen, um damit den Landwirten und ihren Kunden weitere Vorteile zu verschaffen und die Kartoffel wettbewerbsfähig zu halten. Auf dem Weg zu diesem langfristigen Ziel wird ein aufeinander aufbauender dreiteiliger Ansatz verfolgt: von der Züchtung wettbewerbsfähiger diploider Kartoffelsorten über deren Hybridisierung bis hin zur Entwicklung von Saatgut.

Ein Blick ins Erbgut der Kartoffel macht deutlich, worin die besondere Herausforderung für die Züchter liegt: Die heutigen kommerziellen Kartoffelsorten sind tetraploid, das heißt sie verfügen über vier Chromosomensätze. Damit liegt jede Eigenschaft in vier unterschiedlichen Ausprägungen (Allele) vor. Kreuzt man tetraploide Pflanzen, spaltet sich das phänotypische Erscheinungsbild der Nachkommen deutlich stärker auf als bei diploiden Pflanzen. Diese Vielfalt bedeutet einen weitaus größeren Aufwand für die Selektion und es kann 20 Jahre dauern, bis eine neue Sorte auf den Markt gebracht werden kann. Das erste Ziel auf dem Weg zur Hybridkartoffel ist daher die Entwicklung von wettbewerbsfähigen diploiden Populationen. Viele Merkmale lassen sich dann leichter züchterisch bearbeiten. Dazu zählen Ertragspotenzial und Krankheitsresistenzen, aber auch Qualitäts- und Verarbeitungseigenschaften, wie Form, Stärkegehalt und Lagerfähigkeit. „Um genetisch homogene und leistungsstarke Elternlinien für die Hybridzüchtung zu entwickeln, gilt es aber auch, die Selbstinkompatibilität diploider Kartoffeln und eine starke Inzuchtdepression zu überwinden“, sagt Andreas Loock, Leiter der Züchtung Zuckerrübe und Kartoffel bei KWS. Hierbei können die Züchter von der großen Erfahrung profitieren, die KWS im Laufe der Jahrzehnte bei der Züchtung von Hybriden bei Pflanzen wie Zuckerrübe und Mais aufgebaut hat.

Die Blüte der Kartoffelpflanze – Objekt der Forschung

Die Blüte der Kartoffelpflanze – Objekt der Forschung

Am Ende dieser visionären Produktentwicklung könnte schließlich Hybridkartoffel-Saatgut stehen. Dabei würde das Kartoffel-Saatgut die traditionelle Pflanzkartoffel auf dem Markt sinnvoll ergänzen und durch seine Eigenschaften ganz neue Optionen schaffen. Die Entwicklung von Hybridkartoffel-Saatgut wäre technologisch ein Innovationssprung, der auch für die Landwirte eine Veränderung bedeuten würde: Sie müssten ihre Anbausysteme von den bisherigen Pflanzkartoffeln auf Saatgut umstellen. Pflanzkartoffeln haben den Vorteil, dass sie mit der Kälte im Frühjahr gut zurechtkommen und sich dank der gespeicherten Stärke schneller entwickeln können als Kartoffeln aus Saatgut. Demgegenüber stehen aber auch klare Vorteile der sogenannten „True Potato Seeds“: Die Kühlung im Lager und vor allem der aufwendige Transport der Pflanzkartoffeln würde entfallen, wenn das Saatgut in handliche Kartons verpackt werden könnte. Allein die lange Lagerung und die weltweite Auslieferung von jährlich hunderttausenden Tonnen von Pflanzkartoffeln sind logistisch sehr aufwendig und die Knollen sind schnell Opfer von Schaderregern.

Auch wenn die Realisierung des neuen Ansatzes noch in weiter Ferne liegt und eine Reihe von Fragen zu klären sind, setzt KWS auf die beschriebene etappenweise und kontinuierliche Forschung und Entwicklung. „Wir arbeiten bereits seit 2011 daran und haben inzwischen erste Erfolge erzielt. Durch die vor vier Jahren im niederländischen Emmeloord in Betrieb genommene Zuchtstation haben wir außer den technologischen Ressourcen auch räumlich ideale Bedingungen geschaffen, um langfristig das Saatgut für Hybridkartoffeln in den Fokus zu rücken. Unsere Vision ist es, eines Tages auf einem Hektar weniger als 100 Gramm Kartoffel-Saatgut auszusäen statt 2,5 Tonnen Kartoffelknollen zu pflanzen“, erklärt Peter Hofmann, Mitglied des Vorstandes von KWS.

Zuchtstation Emmeloord – hier wird seit 2013 an der Hybridkartoffel geabreitet

Zuchtstation Emmeloord – hier wird seit 2013 an der Hybridkartoffel geabreitet

Stichwort: Hybridzüchtung

Bei dieser zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelten Züchtungsmethode macht man sich den Heterosis-Effekt zu Nutze. Dabei führt die Kombination genetisch möglichst unterschiedlich ausgestatteter, reinerbiger Linien – den Inzuchtlinien – zu einer gesteigerten Leistungsfähigkeit der mischerbigen Nachkommen, den sogenannten Hybriden. Die Überlegenheit der Hybriden gegenüber herkömmlichen Linien geht in der Folgegeneration allerdings aufgrund genetischer Aufspaltung wieder weitgehend verloren.

Hybridsorten mit einem exzellenten Leistungsniveau zu entwickeln ist sehr aufwendig: Zur Herstellung der Inzuchtlinien werden zwei verschiedene Linienzüchtungsprogramme benötigt. Bei KWS werden mit Hilfe der Hybridzüchtung zum Beispiel Mais-, Zuckerrüben-, Raps-, Roggen- und Sonnenblumensorten gezüchtet.

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Stephan Krings
Stephan Krings
Head of Global Marketing and Communications
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