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Roman Thomas – Hidden Places
Typologien einer alltäglichen Einsicht

Eigenbezogene Bestätigung

Eine der größten Errungenschaften der Fotografie ist ihre Schnelligkeit. Innerhalb der Jahrhunderte weiterentwickelt und zu höchster Präzision herangeführt, gehört der fotografische Schnappschuss heute zum Grundvokabular des Mediums. Definiert ebenjene Bezeichnung das rasche Zücken des allzeit präsenten Fotoapparates, so kommt dem dabei vorherrschenden Schaffensakt eine innewohnende und von unterschwelliger Vehemenz befindliche Haltung zu Teil. Diesem Benehmen obliegt im Moment der Durchführung unweigerlich und auf meist lautstarke Weise konkretisiert, folgende bekannte Äußerung: »Ich allein habe es gesehen!«

Das von schnappschussartiger Manier geleitete Foto, so missionarisch es im Kontext der Vermittlung von realbefindlich ablaufenden Prozessen auch verstanden wurde, besaß seit jeher auch eine ichbezogene Tendenz des alleinigen Mitteilungsbedürfnisses. Es verwundert daher auch nicht, dass in der alltäglichen Bildschaffung der festhaltende, dokumentierende, um Klarheit gewillte und doch den Drang nach menschlich-innwohnender Bekräftigung befriedigende Schnappschuss zu einem der wesentlichsten Ausdrucksmittel der Fotografie wurde.

Die Kunst, den Überblick zu behalten

Der rasch getätigten Aufnahme ist somit eine grundlegende Form der Gegensätzlichkeit zuzusprechen. Dennoch ist der gedacht-gegenwärtige und indessen stets vergangene Moment zum im fotografischen Bild einzufangenden Augenmerk höchster Eindringlichkeit erklärt worden. Indem aber Bewegungsabläufe sichtbar, zuvor Uneinsichtiges visualisierbar und jedes von plötzlich überkommender Relevanz bestimmte Ereignis von einer kollektiven Litanei, die den fotografischen Moment der realbefindlichen Begegnung vorzog, durchsetzt wurde, entstand ein trügerischer, am Medium sich abarbeitender Kreislauf von bis in die Gegenwart reichender Beeinflussung. Getreu dem im kollektiv-knipsenden Handeln verinnerlichten Denken, dass das nächstfolgende Foto schon irgendwie zu einer ganzheitlichen Klarheit führen werden wird, ist eine unüberschaubare und von wenig selektiver Betrachtung bedingte Bilderflut das unumgängliche Resultat geworden.

In der immerwährend um Authentizität bedachten Wiederholung gefangen, wurde das dem Moment unterstellte Foto somit zum Träger einer erhofften und doch niemals wiederkehrenden Präsenzvermutung. Im Glauben an eine mutmaßlich bestehende Möglichkeit, durch Detailgenauigkeit, Schnelligkeit und der stets wiederholbaren Abfolge, eine Wiederkehr des Vergangenen einsichtig werden zu lassen, führte dieses hoffnungsvolle Begehren zu einer Reflexion, die dem Foto bereitwillig die Eigenschaft zubilligte, ein Abbild von realbefindlichen Einsichten präsentieren zu können.

Ein Foto wird jedoch niemals die Realität vollends abbilden oder das unumgänglich Unfassbare eines Moments in bildimmanente Form überführen können. Erst ein weitaus umfassender und sich fern der bekannten Bereiche einzuordnender Eingriff auf künstlerischer Ebene ist dazu in der Lage, Momente der fotografischen Eindringlichkeit zu initiieren, die das Momenthafte auf eine ungeahnt gegenwärtige Ebene verlagern und zu Momenten von anwesender Bedeutsamkeit werden lässt.

Wenn Momente zur gegenwärtigen Bestimmtheit werden

Der deutsche Künstler Roman Thomas nutzt die Fotografie auf unterschiedlichste Weise.

Seine großformatigen Arbeiten fordern den Betrachtenden heraus und lösen bisweilen dessen vorherrschende Betrachtungsroutine auf. Aus wahrnehmungsbedingt etablierter Starrheit und auf monoperspektivischer Ebene stets erhoffter Zugänglichkeit, erfolgt eine durch die Bilder geschaffene Verlagerung von teils kritisch anzumerkender Konfrontation. Roman Thomas Bilder beinhalten immer wieder ersuchte, gefundene und fotografisch festgehaltene Individuen. Ebendiese befinden sich dort, wo der Mensch seine architektonischen und von der darauffolgend agierenden Gesellschaft frequentierten Spuren hinterließ. An diesen teils bekannten und bildlich vorgemerkten Orten interveniert der Künstler mit seiner Fotografie, indem er das, was imaginäre Verortung und Verinnerlichung ermöglicht, verrückt.

Das, was der Mensch zur Ein-, Aus- und Umgrenzung seines zueinander und doch voneinander getrennt fungierenden Zusammenlebens auf begrenztem Raum erschaffen konnte, wird in den großformatigen Fotografien zum Akteur einer umfassenden und doch stillen Vermittlung. Arbeiten wie »Whitby Street« (2017), »Two Towers« (2017) oder »Steps to Heaven« (2017) bilden zunächst zwar allzu bekannte Orte in bildlich einzusehender Form ab. Der vorrangige Schein des Bekannten trügt jedoch, obliegt all diesen Aufnahmen eine zwischen Vorstellung und Realität befindliche Kluft, die ein erhofftes Wiedererkennen sofortig torpediert.

Meine Bilder sind wie Fenster in eine andere Realität.“

- Roman Thomas

Die großformatigen Arbeiten des deutschen Künstlers präsentieren unterschiedliche und doch zueinander ähnlich zu bezeichnende Bildsituationen, die den jeweiligen Betrachtenden mit der Einsicht konfrontieren, dass der fotografisch geschaffene Bildraum zwar auf realbefindlich Existierendes verweist. Das, was jedoch Aufnahmen wie »Whitby Street« (2017) offerieren, ist die zum Bild gewordene Erkenntnis, dass der fotografisch-orientierte Blick und die Beharrlichkeit des Künstlers zu einem Kunstgegenstand geführt haben, dessen Bildlichkeit eine einmalige und allein für sich stehende Materialisierung darstellt. Aus der Realität wurde eine im Bild fortwährende Wirklichkeit geschaffen, die dazu im Stande ist aufzuzeigen, dass die Eindringlichkeit der großformatigen Aufnahmen nicht allein im Aspekt der außerhalb befindlichen Wiedererkennung, sondern in der innerspezifischen Erkenntnis fungieren, einen Ort einsichtig gemacht zu haben, der intuitiv gedacht, wahrgenommen und zum Foto überführt werden konnte.

Roman Thomas fokussiert sich innerhalb seines künstlerischen Portfolios jedoch nicht nur auf das große, sondern auch auf das kleine Format. In ebendiesen kleinformatigen Arbeiten nutzt der Künstler das von ihm bereitwillig Wahrgenommene zur Initiierung einer Verlagerung, die nicht nur zum Ziel hat, der grundlegenden Erwartungshaltung gegenüber dem fotografischen Bildgegenstand abermalig entgegenzuwirken. Die kleinformatigen Fotos, die das Ergebnis des alltäglichen, mit Hinzunahme der Kamera befindlichen Blickes des Künstlers auf seine ihn umgebende Wirklichkeit sind, werden im selektiven Auswahlprozess zu Initiatoren einer bekannten und doch ungewohnten Rezeptionssituation.

In Typologien, die aus vier kleinformatig-einzelgültigen Aufnahmen bestehen, konkretisiert der Künstler ein in sich geschlossenes Zusammenspiel von Vergangenheit, Gegenwart und bedingender Zukunft. Das eigentlich Ungleichzeitige, das in Form von aufeinanderfolgenden Momenten seinen Weg zur in den Fotos befindlicher Materialisierung erfuhr, ist von nun an in gegenwärtiger Gleichzeitigkeit zugegen. In herrschender Fixierung gesetzt, sind die zueinander geführten Fotografien dazu in der Lage, eine Momenthaftigkeit zu initiieren, die fern der in den Bildern selbst vermuteten Abbildhaftigkeit ebendieser nun stattzufinden vermag. Nicht mehr die Betrachtung von vergangenen, sondern die durch Verknüpfung geschaffene Herstellung von gegenwärtiger Eindringlichkeit ist die für den Betrachtenden vorzufindende Folge der typologischen Präsentationsform.

Die Typologie als gleichzeitig-abwägendes Seherlebnis

Für das Medium der Fotografie ist die typologische Präsentationsweise von gravierender Bedeutsamkeit gewesen. Die Möglichkeit des vergleichenden Sehens, die zuvor bisweilen der kuratorischen Willkür ausgesetzt war, wurde zum festen Bestandteil des jeweiligen Werkes. Ähnlichkeitsbekundungen, die anfangs außerhalb der Hand des Künstlers lagen, konnten prinzipiell verinnerlicht, intentionell verhandelt und letztendlich zum werkimmanenten Sehauftrag für den jeweiligen Betrachtenden gemacht werden. Ein in sich geschlossener und von überkommender Gleichzeitigkeit bestimmter Bildauftrag ist zum gegenwärtigen Anschauungsgegenstand geworden. Der Betrachtende fand sich dadurch erstmalig damit konfrontiert, ein zuvor meist willkürliches, von vergleichender Manier angedachtes Sehverhalten in einem künstlerisch-gesetzten Bildbereich dezidiert ausführen zu können.

Die ebenso gewonnene Präsentationsform, die sich auch in umfangreich genutztem Maße im künstlerischen Portfolio Roman Thomas wiederfinden lässt, schuf aus dem scheinhaft-festgehaltenen Momenthaften einen realbefindlich stattfindenden Moment eindringlicher Vergegenwärtigung. Ebendieser Moment definiert sich dabei durch den der typologischen Anbringung innewohnenden Schaffensprozess von Neuordnung, Festlegung sowie Billigung einer eigenbezogenen Limitierung. Die in der Schaffung unzähliger Fotografien erhoffte und doch zum Scheitern verurteilte Fixierung des Vergänglichen, endet meist in einer ebenso in sich begrenzten Ansammlung fotografischer Aufnahmen. Indem Thomas die Masse an Bildern selektiv verengt und in einen gegenwärtigen Kontext gleichzeitig aufeinander bezogener Kontextualisierung überführt, entsteht, von einer künstlerischen Rahmung gestützt, ein neuangedachtes Seherlebnis von gegenwärtiger und in die Zukunft bedingender Relevanz.

Die Typologien des deutschen Künstlers sind in einer bildvergänglichen Zeit, in der ein inflationäres Übereinander von voranschreitender Frequenz das vergleichende Nebeneinander der Bilder stetig verdrängt, eine Chance, um mit Hinzunahme des allzu Flüchtigen zu Momenten zu gelangen, die kein alleiniges Bild abzubilden, sondern nur die typologischen Werke in ihrem innewohnenden Sehauftrag auszubilden in der Lage sind.

Der Künstler - Roman Thomas

Roman Thomas lebt und arbeitet seit 1999 als freiberuflicher Fotograf in Celle. Fokus seiner Arbeit liegt auf den Bereichen Mode, Industrie und Architektur. Seine künstlerische Tätigkeit mit diversen Gruppen- und Einzelausstellungen verfolgt er seit 2010, erhält zahlreiche Preise und wirkt als Mitglied im Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler.

Für den Künstler und Fotografen spielt der urbane Raum im Kontext zum menschlichen Individuum eine sehr zentrale Rolle. Die Verbindung von Landwirtschaft, Natur und urbanem Raum stellte Roman Thomas vor eine neue Faszination, die mit dieser Ausstellung ihren Ausdruck findet!

Fotograf Roman Thomas

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