„Hannah Byford entlarvt mit ihrem Anspruch einer möglichst wahrhaftigen und akkuraten Darstellung der Verhältnisse die gegenwärtig vorherrschende idealisierte Repräsentation unserer Umwelt und legt so die gesellschaftliche Wirkkraft von Bildwelten offen“, sagt Johann Brandes.
Die Fotografien versammeln eine große Fülle unterschiedlicher Atmosphären. Der Akt ist das zentrale Motiv der Serie, aber Räume und Hintergründe erscheinen mindestens gleichbedeutend. Hannah Byford hat für ihre Serie sehr unterschiedliche Modelle und Orte gewählt. Diese Vielfalt wird durch eine gleichartige Komposition untereinander vergleichbar gemacht. Die Einrichtungen beziehungsweise Außenansichten nehmen innerhalb der Komposition verhältnismäßig viel Bildraum ein und überwiegen im Verhältnis zu den in ihnen inszenierten nackten Körpern. Die Detailfülle der Räume transportiert sehr unterschiedliche Stimmungen und kann als Metapher auf die Aufgeräumtheit oder die kitschige Überladung des Lebens verstanden werden. Die Hintergründe würden auch ohne die in ihnen platzierten Akte gut als eigenständige, menschenleere Bildmotive funktionieren, so verdichtet sind die Atmosphären, so Kunsthistoriker Johann Brandes.
Die Fotografien machen deutlich, wie viele intime Details der Einblick in eine private Lebenssituation verrät und wie sehr die äußerliche Erscheinung eines Ortes als charakterliches Spiegelbild seiner BewohnerInnen wahrgenommen wird. Mitunter wirken die Bilder der Serie so, als wären die Personen in der betreffenden Situation bekleidet und die Kleider würden auf den Fotografien nur nicht eingefangen. Die Modelle sehen auf vielen der Fotografien nicht so aus, als würden sie extra für einen Akt posieren. Die hohe Privatsphäre in den Räumen ermöglicht es Hannah Byford, eine erotische Konnotation des Aktes zu durchbrechen und den nackten, weiblichen Körper zu repräsentieren, ohne ihn als voyeuristische Sensation misszuverstehen.
Ihre Abschlussarbeit an der University of East London, wo Hannah Byford mit Auszeichnung studierte, dreht sich um die Konsequenzen der „Photoshop-Kultur“ auf heutige Frauen. Die Frage, welche Bilder das Selbstbild der Frauen und das Bild auf Frauen prägen und wie weit diese Bilder manipuliert sind, ist ein grundsätzliches Anliegen der Künstlerin. Sie sieht in dem Unvermögen der Menschen, sich mit der Realität abzugeben, den Wunsch, sich mit Hilfe der Kunst eine Welt zu erschaffen, die näher an der Sehnsucht der eigenen Herzen liegt. Zu ihrer Arbeitsweise sagt Hannah Byford:„Am Anfang einer Idee steht gewöhnlich das beunruhigende Gefühl, dass ein Thema, das mich umtreibt, weder wahrheitsgemäß noch treffend dargestellt wird. Meist ist es etwas, von dem ich denke, dass ich es in meiner Arbeit aus einem anderen Blickwinkel darstellen und so tiefer ausleuchten könnte."
Zur Ausstellung entsteht eine Broschüre mit Informationen zu Hannah Byford und ihrem Schaffen, die in Kürze zum Preis von 5 Euro in den Räumen der Art Lounge erhältlich ist. Den Erlös erhält die Künstlerin.
Die Ausstellung „Private Rooms“ ist in der KWS Art Lounge in der Tiedexer Straße 20 a/b in Einbeck zu sehen: mittwochs von 10 bis 13 Uhr, freitags von 15 bis 18 Uhr und sonnabends von 10 bis 13 Uhr. Beim Besuch sind die aktuellen Schutz- & Hygienemaßnahmen zu beachten.