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    Betriebsbericht

Kurzvorstellung des Betriebs

Standort:
Ackerbaubetrieb an der Westküste Lettlands
ca. 30 km landeinwärts der Hafenstadt Liepāja


Fläche:

3.500 ha Ackerfläche – in einem Radius von 45 km um den Betriebsstandort
Heterogen strukturiert, von Sandböden über sandige Lehme bis hin zu Tonböden


Kulturen im Anbau:

Schwerpunkt Winterungen: Winterraps, Wintergerste, Winterweizen
Sommerungen: Ackerbohnen, Sommerweizen und Hafer

Ackern in Lettland: wo liegen die Unterschiede?


Frühling 2024

Im Gespräch berichtet Florian Reitzle über seine Arbeit als Geschäftsführer der Balticagrar SIA in Lettland. Seit über 8 Jahren lebt und arbeitet er in Lettland. Er erzählt, welche Besonderheiten den Standort ausmachen und welchen Herausforderungen sie sich bei Anbau und Vermarktung stellen müssen.

Florian Reitzle

Florian Reitzle

Welche regionalen Besonderheiten gibt es?

Zeit und Witterungsextreme
Der Start ins Frühjahr ist sehr spät. Danach folgt eine ausgeprägte Tendenz zur Frühsommertrockenheit, nicht erst in den letzten Jahren, sondern schon als langjähriger bekannter Begleiter. Die Sommermonate können sehr nass ausfallen, eine von drei Ernten ist verregnet, seitdem ich hier bin. Für eine ausreichende Vorwinterentwicklung beginnt die Rapsaussaat in den ersten Augusttagen, was in Konkurrenz mit der Getreideernte steht. Die Gerste fällt meist in die letzte Juli Dekade und dann geht es nahtlos im Weizen weiter. Auch wenn dieser nicht immer erntereif ist, sondern eine vegetative Feuchte von 18-19 % aufweist. Der Getreidetrockner ist eine der wichtigsten Maschinen am Betrieb.

Die Getreideaussaat beginnt schon kurz nach Beendigung der Ernte in den ersten Septembertagen und sollte bis etwa 20. September abgeschlossen werden, um noch eine ausreichende Bestockung vor Winter zu ermöglichen. Ab Oktober sind erste Fröste nicht selten und die Temperatursummen fallen stark ab. Die Winter sind dann wiederum oftmals sehr nass und Temperaturen um -25 °C keine Seltenheit. Der durchschnittliche Jahresniederschlag liegt bei 750 - 800 mm.

Ernte KWS FENOMEN

Ernte KWS FENOMEN

Was steht bei der Sortenwahl im Getreide im Fokus?

Qualität
Vornehmlich stehen A- und B-Weizen im Fokus. Wir haben aber auch gute Erfahrungen mit E-Weizen, die auf einen Ziel-Proteingehalt von 12 % gefahren werden. Eine hohe Fallzahlstabilität ist durch oftmals regnerische Sommer wichtig, besonders am Küstenstandort mit viel Tau.

Halmbasis-/Blattgesundheit
Durch das schnelle Wachstum im Frühjahr und die meist trockenen Bedingungen sind die Bestände tendenziell gesund und können mit einem geringem Fungizidaufwand gefahren werden. Das Hauptproblem ist DTR. Gelbrost ist bei den meisten modernen Sorten kein Thema, bei älteren lokalen Sorten aber durchaus. Durch die tendenziell trockenen Bedingungen erachte ich die Gesundheit der Halmbasis als einen sehr wichtigen Punkt, um Nährstoffströme ungehindert stattfinden zu lassen und auch zur Absicherung der Standfestigkeit. Zu den Einkürzungsterminen herrschen nicht immer ideale Bedingungen und später kommen oftmals Gewitter hinzu, die zu Lager und folglich nassen Ähren über einen längeren Zeitraum führen. Die Gesundheit dient hier zu einer Qualitäts- und Ertragsabsicherung.

Ertragsaufbau
Der Fokus liegt auf den Haupttrieben, da durch die Frühsommertrockenheit die Bestände schnell ausdünnen und die Seitentriebe oft reduziert werden. Zu dichte Bestände im Mai führen oftmals zu keinem zufriedenstellenden Ernteergebnis mit einem schwachen Korn-Stroh-Verhältnis. Die letzten Jahre konnten wir die besten Ergebnisse mit Einzelährentypen erzielen, die aktuell auch den Hauptanteil der Sorten (normalerweise 3 - 4 verschiedene mit nennenswerten Anteilen) einnehmen. Aber auch Kompensationstypen wie KWS DONOVAN, der in seiner ersten Kampagne 2023 auf einer noch kleinen Fläche im Betrieb die besten Ergebnisse erzielen konnte. Als Testkandidaten für die Ernte 2024 haben wir nun noch die Sorte KWS EMERICK als Einzelährentyp aus dem E-Weizen-Segment hinzugezogen.

Winterhärte
Da die letzten Winter alle recht mild ausgefallen sind, ist der Fokus als Hauptkriterium hier etwas abgerückt und es wurde mehr Fokus auf Ertrag gelegt, daher müssen sich einige neue Sorten erstmals beweisen. Als im Winter 2023 das Thermometer unter -18 °C gefallen ist, haben wir die Bestände unter einer 30 cm Schneedecke etwas frei geräumt. Die kleinen Versuche zeigten, dass auch ein KWS DONOVAN solchen Temperaturen standhalten kann. Im Januar 2024 hatten wir nun über mehrere Tage hinweg bereits -20 bis -22 °C mit lediglich 2 - 3 cm Schneeauflage. Dies ist somit ein großflächiger Versuch und kann womöglich wieder zum Umdenken führen.

KWS DONOVAN im Frühjahr

KWS DONOVAN im Frühjahr

Was gilt es bei der Aussaat zu beachten?

Vorfrucht
Zu Wintergerste als Stoppelgetreide pflügen wir, um eine gute marktfähige Ware sicherzustellen. Die kurzen Zeitfenster erlauben hier keine ausreichende Bekämpfung von Ausfallgetreide, leider sind aber auch Ungräser nur beschränkt mechanisch bekämpfbar. Die Aussaat der Wintergerste startet als Erstes ab Anfang September. Bei Gerste arbeiten wir vornehmlich mit KWS Sorten, aktuell KWS HIGGINS.

Stoppelweizen läuft seit Jahren aus arbeitswirtschaftlichen Gründen pfluglos. Die Ergebnisse zeigen keinen großen Ertragsabfall. Es wird meist ein späteres Saatzeitfenster gewählt, um intensiv vorzuarbeiten und Infektionen im Herbst gering zu halten.

Blattfruchtweizen nach Raps und Ackerbohne läuft im dritten Jahr mit stark reduziertem Aufwand. Nach der Ernte wird mehrfach flach mit einer Kettenscheibenegge gearbeitet, wo nötig auch mit einem Totalherbizid und ab Anfang September drillen wir dann den Weizen.

Saatzeitpunkt, Saatstärke, Reihenweite
Als Faustregel fällt die Aussaatstärke eigentlich nie unter 300 Kö/m2 zum Start und bis zum 20. September erhöhen wir jeden zweiten Tag die Aussaatstärke um 5 Kö/m2, danach täglich. Jeder Schlag, beziehungsweise Bodentyp bekommt aber natürlich auch eine individuelle Anpassung. Faktoren wie Bodentemperatur und Bodenfeuchte ziehen wir immer mit in Betracht. Eine früher Aussaattermin in trockenen Boden ohne Aussicht auf Regen muss folglich auch mit einer höheren Aussaatmenge stattfinden, da die Saat womöglich erst Mitte/ Ende September zu keimen beginnt.

Aktuell arbeiten wir mit zwei Drillmaschinen Typen, einer Väderstad Rapid mit 12,5 cm Reihenabstand und Unterfußdünger, welche die komplette Gerste und den größten Teil des Blattweizens erledigt. Zum andern laufen zwei Horsch Focus, die Raps im 35 cm StripTill Verfahren drillen. Zu Getreide haben wir eine modifizierte Säschiene, mit asymmetrischer Verteilung, bei der zwei Reihen hinter dem Lockerungs-/ Düngezinken mit etwa 15 cm Abstand laufen. Zur jeweils nächsten Reihe sind es dann gut 20 cm.

Ab Frühjahr 2024 steht uns noch eine Zinkenmaschine mit 25 cm Reihenabstand zur Verfügung, mit dem Fokus auf die Direktsaat von Ackerbohnen und Zwischenfrüchten. Auch Getreide wollen wir im Herbst damit aussäen, wobei hierzu dann eine Breitverteiler auf den Scharen montiert werden soll, der ein etwa 8 cm breites Band ablegen soll.

Während breite Reihen durchaus interessante Vorteile, wie ein verbessertes Mikroklima im Bestand, mit sich bringen, stellt sich im Hinblick auf die Spätverunkrautung im Frühjahr die Frage nach der richtigen Blattstellung. Ebenso kommt die Frage nach der Positionierung des Saatkornes in der Reihe bei hohen Saatstärken auf.

Mindestentwicklung vor Winter
Bei Gerste versuchen wir eine Endbestandsdichte vor Winter zu erreichen, damit im Frühjahr nur eine Regeneration des Blattapparats, aber keine weitere Anlage von ertragsrelevanten Trieben notwendig ist.

Auch Stoppelweizen sollte relativ vollentwickelt in den Winter gehen, gerade bei Mulchsaat, da hier die Frühjahrsentwicklung meist recht verhalten einsetzt und wir danach schnell in den Langtag gehen und die Weizenpflanze ins Längenwachstum übergeht.

Weizen nach einer Blattfrucht kann auch im Frühjahr noch ausreichend bestocken, daher setzen wir hier eher auf spätere und ertragreichere Sorten.

Getreideaussaat im Herbst

Getreideaussaat im Herbst

Vor welchen Herausforderungen steht ihr?

Zulassungssituation Pflanzenschutzmittel
Wir gehören bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zur skandinavischen Region, das heißt, es gibt Unterschiede gegenüber den Mitteln, die in Deutschland zugelassen werden. Gerade im Bereich der (Boden-)Herbizide gibt es deutliche Unterschiede. Weniger Mittel, mit nicht immer ganz passender Wirkstoff-Zusammensetzung. Auch die zugelassene Gesamtwirkstoffmenge im Herbst ist kritisch zu sehen.

Nach 20 Jahren intensivem Ackerbau, mit Fokus auf Winterungen und einem hohen Getreideanteil, werden Ungräser immer mehr zum Thema. Nicht immer ist ein zufriedenstellender chemischer Bekämpfungserfolg zu erzielen und der geringe Abstand zwischen Ernte und Aussaat nicht gerade optimal.

Reglementierung Düngung
Die Reglementierung ist derzeit noch freier und ohne größere politische Einschränkungen. Die ausgeprägten Frühjahrstrockenheiten zwingen uns aber zu einer sehr betonten Start- und Schossergabe, da später oftmals keine sichere Aufnahme der Nährstoffe mehr sichergestellt werden kann. Ammoniumhaltige Düngemittel können hier eine verzögerte Wirkung des Stickstoffes gewährleisten.

Vermarktung
Fast unsere ganze Ernte wird exportiert. Der strategisch interessante Standort nahe Liepāja (4 €/t Transportkosten vom Weltmarkt) mit einem der größten Getreideumschlagshäfen des Baltikums gibt das Produktionsziel vor. Hierbei werden vor allem Qualitäten mit 12 - 12,5 % Protein und guten Backeigenschaften nachgefragt. Vereinzelt sind auch Chargen mit hohem Protein als Aufmischware gefragt. Jedoch stehen wir hier auch betriebsindividuell vor der Herausforderung der separaten Aufbereitung und Lagerung, die beschränkt ist.

Auch Winterfuttergerste geht in den Export, da die Nachfrage hier lokal eher schwach ist. Raps (je nach Öl-Gehalt) wird entweder an eine lokale Mühle vermarket, bei der auch Qualitäten abgerechnet werden oder kann recht gut über Liepāja vermarktet werden und findet oftmals ihren Weg nach Deutschland. Über ein Tochterunternehmen haben wir Zugang zum Wasser und können theoretisch Schiffe bis 5.000 t beladen. Dies wurde bisher aber eher selten genutzt, da der Anteil an der Gesamternte sehr hoch ist und eine Staffelung der Vermarktung erschwert ist.


Quellenangabe: Fotos von Florian Reitzle

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Ihr Ansprechpartner

Wiebke Lenge
Wiebke Lenge
Teamleiterin Produktmanagement Getreide / Produktmanagerin Roggen
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