Selektion, Züchtungsziele und Sortenentwicklung für den ökologischen Landbau
Der ökologische Landbau unterscheidet sich von der konventionellen Landwirtschaft durch eine spätere Stickstoffverfügbarkeit während der Vegetationsperiode. Noch stärker als in der konventionellen Landwirtschaft steht im ökologischen Landbau neben dem möglichen Ertragspotenzial die Ertragsstabilität im Vordergrund.
Wichtige Züchtungsziele im ökologischen Landbau sind vor allem die Unterdrückung von Unkräutern, Resistenz gegenüber samenbürtigen Krankheiten und Nährstoffeffizienz.
Nährstoffeffizienz
Eine hohe Nährstoffeffizienz und eine optimale Anpassung an die Nährstoffdynamik sind besonders wichtige Züchtungsziele, um stabile Erträge und hohe Qualitäten zu erreichen. Im Öko-Landbau steht Stickstoff - als wesentlicher Wachstumsmotor - den Pflanzen nur begrenzt und in einem ungesteuerten Zufluss zur Verfügung.
Daher liegt ein Ziel der Pflanzenzüchtung darin, auf eine hohe Nährstoffgenügsamkeit und die Fähigkeit der Pflanze temporäre Nährstoffmängel auszugleichen, zu selektieren.
Widerstandsfähigkeit
Aufgrund der veränderten Wachstumsbedingungen wird der Widerstandsfähigkeit bei Krankheiten eine andere Bedeutung im ökologischen Landbau beigemessen. Pflanzenkrankheiten, wie Mehltau bei Weizen, sind weniger bedeutsam, da die Schadpilze aufgrund der geringen Bestandesdichte auf weniger günstige Vermehrungsbedingungen treffen. Auch der pflanzenpathogene Pilz Fusarium spielt wegen der größeren Pflanzenlänge und der meist weiten Fruchtfolgen eine nur untergeordnete Rolle im Öko-Weizenanbau.
Ein wichtiges Züchtungsziel liegt in der Widerstandsfähigkeit des Getreides gegen Roste, da sich diese Pflanzenkrankheiten besonders in schwächeren Beständen regional- und witterungsbedingt leicht ausbreiten können.
Schon früh - weit vor der Sortenzulassung - stellen die Mais- und Getreidezüchter der KWS in Abstimmung mit dem Öko-Produktmanagement ein breites Prüfprogramm zusammen. Die erste homogene Nachkommenschaft der jüngsten Kreuzungen aus den Zuchtgärten wird dann an mehreren Standorten unter Öko-Bedingungen geprüft.
Als besonders wichtig sieht es die KWS an, Sorten für den ökologischen Landbau auch mehrjährig an mehreren Standorten unter Öko-Bedingungen zu prüfen und mit weiteren, etablierten Sorten zu vergleichen. Neue Sorten werden erst dann schrittweise in die Vermehrung und Saatgutproduktion aufgenommen.

„Von unseren innovativen Züchtungsmethoden und breitem Genpool profitiert auch der Öko-Landbau.“
Züchtungsziele im Überblick
Ein Schwerpunkt liegt in der Getreidezüchtung. Besonders wichtige Arten im Öko-Landbau sind Weizen und Roggen, hierauf liegt auch der züchterische Fokus von KWS Getreide. Neben der Ertragsstabilität werden noch viele weitere Eigenschaften von den neuen Sorten im ökologischen Anbau verlangt: schnelle Jugendentwicklung für eine frühzeitige Bodenbedeckung und eine bessere Unkrautunterdrückung, Blattgesundheit und ein hohes Nährstoffaneignungsvermögen für möglichst gute Backqualitäten bei Weizen (Feuchtkleber) sind nur einige der Ziele der Getreidezüchtung.
Mais-besonders Körnermais- ist für den Ökolandbau immer wirtschaftlicher geworden und die Leistungsprüfung der Maiszüchter und die Sortentests des Produktmanagements sind mittlerweile feste Bestandteile der KWS Versuche in Wiebrechtshausen und Kürnach.
Besondere Züchtungsziele bei Mais:
- Guter Feldaufgang, auch bei tieferer Saatablage
- Schnelle Jugendentwicklung
- Gutes Nährstoffaneignungsvermögen, auch bei Trockenheit und Nährstoffstress
Oberstes Zuchtziel ist neben dem Ertrag auch die Standfestigkeit der Sorten, um einen verlustarmen Drusch zu ermöglichen. Zusätzlichen Wert wird auf ein möglichst niedriges Tausendkorngewicht (TKG) gelegt, für geringe Aussaatkosten. Im Bereich der Pflanzenkrankheiten gibt es ein spezielles Programm für Aphanomyces Wurzelfäule-tolerante Sorten (lat.: Aphanomyces euteiches). Wertprüfungskandidaten aus Frankreich, werden an fünf Versuchsstandorte im Land betreut. Die Zulassungskandidaten der dortigen Wertprüfung werden zusätzlich in Deutschland, England und Dänemark geprüft.
Ein wichtiges Züchtungsziel für Öko-Zuckerrüben ist, neben einem hohen Ertrag, die schnelle Bildung eines hohen Zuckergehaltes, da die Öko-Sorten zu Beginn der Kampagne geerntet werden und somit weniger Zeit in der Vegetationsperiode haben. Zusätzlich sind wichtige Kriterien die Blattstellung und eine schnelle Jugendentwicklung sowie die Blattgesundheit.
Öko-Versuche, Forschung und Entwicklung
Für die Weiterentwicklung eines wirtschaftlich ausgerichteten Öko-Landbaus arbeitet die KWS, neben der Züchtung, auch an anbautechnischen Fragen. Die Forschungsaktivitäten und Anbauversuche konzentrieren sich auf die Themen Unkrautkontrolle und Vermeidung von Vogelfraß bei Mais und Körnererbsen sowie die Prüfung verschiedener Saatstärken und -zeiten bei Hybridroggen und Winterweizen.
Ob zur Körner- oder Silagenutzung, Mais stellt hohe Ansprüche an die Unkrautkontrolle.
Auf einer Demonstrationsfläche in Wiebrechtshausen stellt die KWS unterschiedliche mechanische und thermische Varianten vor: Betriebsüblich werden Striegel und Hacken zur Unkrautregulierung eingesetzt. Wenn wetterbedingt keine andere Wahl besteht wird ein Abflammen im 2-3 Blatt Stadium des Maises durchgeführt. Für eine ausreichend starke Erhitzung der gekeimten Unkräuter ist das Abflammen im Schritttempo (3 – 4 km/ha) durchzuführen. Der Mais regeneriert sich in diesem frühen Entwicklungsstadium sehr gut.
In Anbauversuchen zur Unkrautregulation werden verschiedene Varianten der mechanischen Unkrautregulierung getestet. Dazu gehören der Dammbau und das Anhäufeln des Maises. Die vergrößerte Oberfläche des Dammes erwärmt die Erde zügiger, ein schnelles und gleichmäßiges auflaufen der Maispflanzen ist das Ziel. Zusätzlich bietet der aufgehäufelte Damm mehr lose Erde zum Striegeln und Hacken.
Die Saatkörner und Keimlinge im ökologischen Mais- und Erbsenanbau sind besonders durch Vogelfraß gefährdet. Tauben, Fasanen und Rabenvögel sind die Hauptverursacher.
Zusammen mit dem Julius-Kühn-Institut Münster (Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung) und weiteren Kooperationspartnern werden seit mehreren Jahren praktische Versuche im Freiland dazu durchgeführt. In einer Serie von Untersuchungen werden Saatgutbehandlungen mit Extrakten aus Naturstoffen auf mögliche Repellente Effekte beurteilt. Tauben und Fasanen zeigten in den Volieren, unter kontrollierten Bedingungen, eine klare Abneigung gegen verschieden behandeltes Saatgut. Im Freiland ging die Wirkung der Extrakte deutlich zurück.
Weitere Freilandversuche sind erforderlich um eine Verbesserung der Wirksamkeit zu erzielen.
Aktuell werden in einem von der BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) geförderten Kooperationsprojekt neue, natürliche Repellente Substanzen aus Pflanzenextrakten in Zusammenarbeit mit dem JKI Münster, der Firma Phytoplan aus Heidelberg sowie der FH Bielefeld isoliert und getestet.
Bei- und Unkräuter stellen im ökologischen Landbau ein erhebliches Problem dar. Ihre Regulierung erfolgt durch mechanische oder thermische Verfahren. Sie kann sehr arbeitsintensiv werden, besonders wenn – in Abhängigkeit von der Kultur – auch die Handhacke zum Einsatz kommen muss. Auf das Gelingen der Maßnahmen haben zudem Witterung und natürliche Standortverhältnisse erheblichen Einfluss.
Einen Beitrag zur Bei- und Unkrautregulierung kann auch die Pflanzenzüchtung leisten und Sorten mit einer zügigen Jugendentwicklung, einem breit abdeckendem Blattapparat und hohem Wuchs züchten. Sorten mit diesen Eigenschaften verfügen über eine hohe Konkurrenzfähigkeit, dadurch unterdrücken sie das Wachstum der Bei- und Unkräuter besser.
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