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    Weizen

Weizenanbau unter hohen Inputkosten

Aus Sicht eines Ackerbaubetriebes

Autor: Niklas Beimgraben-Timm, Hanse – Agro – Beratung und Entwicklung GmbH

April 2023

Betriebliche Entscheidungen sind in Ackerbaubetrieben momentan schwerer denn je. Produktionsmittelpreise steigen in nie da gewesene Höhen. Verfügbarkeiten können nicht zugesichert werden. Und wie steht es um die Getreidepreise? Sie gehen zunächst die Bergfahrt mit, sind aber massiv volatil. Wann ist die Spitze erreicht? Haben die hohen Preise Einfluss auf die zu wählende Intensität im Ackerbau? Bis man zu einer Entscheidungsfindung gekommen ist, bringt eine weltpolitische Entscheidung den Kursverlauf ins Wanken.

Preisentwicklung

Zu Beginn der Ukrainekrise und der damit verbundenen Energiekrise sind in erster Linie die Preise für Düngemittel und Treibstoffe durch die Decke gegangen. Vergleicht man auf Basis des Preisindexes von 2015 den Verlauf der Produktionsmittelkosten, ist in Abbildung 1 zu erkennen, dass die Preise für Landtechnik, Düngung, Pflanzenschutz und Saatgut inflationär stetig ansteigen. Die Preise für Treibstoff und Düngemittel orientieren sich in erster Linie an dem Verlauf der Energiemärkte.

Zur Frühjahrssaison 2023 sind nach Angaben der Industrie auch im Pflanzenschutz und der Landtechnik Preissteigerungen von bis zu 20 % zu erwarten. Somit ziehen auch die anderen Produktionsmittel an. Die Weizenpreise hingegen pendeln, Stand Februar 2023, für Septemberweizen 2023 zwischen 250 € - 300 €/t. Bei der Produktion der neuen Ernte stellt sich daher zunehmend die Frage, welche Intensität in die Bestände gelegt werden sollte, damit das Betriebsergebnis optimiert wird.

Abbildung 1: Preisindizes unterschiedlicher Produktionsmittel auf der Basis 2015

Abbildung 1: Preisindizes unterschiedlicher Produktionsmittel auf der Basis 2015

Wirtschaftlichkeit der Getreideproduktion

Im Folgenden wird ein Ausblick der Wirtschaftlichkeit für die Getreideproduktion im Anbaujahr 2023 auf zwei unterschiedlichen Standorten bei zwei Intensitätsstufen gegeben. Es handelt sich dabei um einen mittleren Standort mit einem Ertragspotenzial bei angepasster Intensität von 75 dt GE/ha und bei einer geringen Intensität von 65 dt GE/ha (Kostenminimalist). Dagegen steht ein guter Standort mit einem Ertragspotenzial von 90 dt GE/ha bei angepasster Intensität und 95 dt GE/ha bei hoher Intensität (Kostenkönig). Bei der Reduzierung der Intensität sind Faktoren aus den Bereichen Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und Düngung berücksichtigt.

Tabelle 1: Übersicht des Umsatzes und der Kosten in den vier Intensitätsstufen

Tabelle 1: Übersicht des Umsatzes und der Kosten in den vier Intensitätsstufen

Für die Ernte 2022 wurde von vielen Landwirten ein Preisniveau von 320 €/t WW erreicht. Hierbei wurde unterstellt, dass die Landwirte ihre Ernte kontinuierlich vermarktet haben. Für die Ernte 2023 wurde bei Durchführung der Kalkulation Mitte Februar ein Weizenpreis von 300 €/t unterstellt. Beim Bezugsjahr 2021 wird ein Preis von 180 €/t angenommen. In der Tabelle 1 sind die Umsätze und die Kosten in den Jahren 2021 bis 2023 für die Standorte und Intensitäten dargestellt. Aufgrund des hohen Preisniveaus 2022 und der noch geringeren Produktionskosten ist eine deutliche Differenz zwischen dem Standortniveau und der abweichenden Intensität zu verzeichnen. Eine hohe Intensität und damit hohe Erträge zahlten sich aufgrund des Hebels Preis x Menge aus.

Die Differenz der Kosten im Erntejahr 2022 lagen an beiden Standorten zwischen geringer und hoher Intensität bei lediglich ca. 180 - 220 €/ha. Im Erntejahr 2023 werden diese auf 210 - 270 €/ha ansteigen und durch den zu erwartenden Preisrückgang die Erlösdifferenz zwischen den Intensitätsstufen sinken. Betrachtet man die Differenzen der Jahre 2022 und 2023 zum Ausgangsjahr 2021 wird deutlich, dass die Differenz beim Umsatz €/ha bei geringerer Intensität nur leicht abfällt. Bei der hohen Intensitätsstufe hingegen fällt der Umsatz um über 300 €/ha. Wiederum ist der Faktor Menge x Preis als Grund zu nennen. Die Differenz der Kosten zum Bezugsjahr 2021 wird sich im Anbaujahr 2023 zum Vergleich 2022 nahezu verdoppeln.

Vergleich der Grundrenten

Entscheidend bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit ist der Vergleich der Grundrenten der Betriebe. Die Grundrente wird ermittelt durch Einnahmen abzüglich der Produktionskosten und der Faktoransätze (Arbeit und Zinsansatz). Aus der Grundrente müssen die Pacht und der Unternehmergewinn entlohnt werden. Ohne Betrachtung des Unternehmergewinns steht die Grundrente stellvertretend für die maximale Pachtzahlung, welche am Standort bei der aktuellen Kultur gezahlt werden könnte.

In Abbildung 2 sind die Grundrenten der Intensitätsstufen an den zwei Standorten für das Erntejahr 2023 dargestellt. An dem mittleren Standort verläuft die Grundrente der geringen Intensitätsstufe bis zu einem Weizenpreis von 280 €/t über der angepassten Intensität an diesem Standort. An dem Hochertragsstandort muss der Weizenpreis 400 €/t überschreiten, damit die Grundrente der hohen Intensitätsstufe die der standortangepassten Intensität übersteigt. An mittleren Standorten sollte somit bei weiter fallenden Weizenpreisen und steigenden Produktionskosten über eine etwas extensivere Bestandesführung nachgedacht werden. Auf den Hochertragsstandorten zahlt sich die sehr hohe Intensität beim aktuellen Getreidepreis nicht aus. Die Standortqualität überwiegt hier der hohen Intensitätsstufe.

Abbildung 2: Grundrente in Abhängigkeit des Weizenpreises nach Standort und Intensitätsstufe (Ernte 2023)

Abbildung 2: Grundrente in Abhängigkeit des Weizenpreises nach Standort und Intensitätsstufe (Ernte 2023)

Betriebsmittelpreise

Für den 2023 produzierten Weizen wird der Preis je kg N die bedeutendste Rolle spielen. Einige Betriebe haben sich aufgrund von prognostizierter Versorgungsknappheit bereits letztes Jahr zu sehr hohen Stickstoffpreisen eingedeckt. Seit Februar sinken die Preise für stickstoffhaltigen Dünger sehr stark. In Abbildung 3 sind zwei Szenarien dargestellt: Es wird die N-freie Leistung des Weizens zu zwei unterschiedlichen Weizen- und Stickstoffpreisen dargestellt. Es ist zu entnehmen, dass die Stickstoffintensität trotz hoher Weizenpreise bei hohen Einkaufpreisen eher zurückgenommen werden muss, damit die höchste Leistung erreicht wird. Die Daten basieren auf der Ertragsfunktion des Weizens aus Stickstoffsteigerungsversuchen am Standort Hohenschulen von 2004 - 2009.

Wichtig bleibt zu erwähnen, dass weiterhin jede Entscheidung betriebsindividuell getroffen werden muss. Die dargestellten Zahlen geben einen Überblick, in welche Richtung man sich je nach Standortqualität aufstellen könnte. Allerdings bedürfen standortindividuelle Probleme (Verungrasung, enge Fruchtfolgen, etc.) weiter einen hohen Einsatz an Pflanzschutz, um den Standort nicht nachhaltig zu schädigen. Bei Vergrasung muss beispielsweise weiterhin eine hohe Herbizidintensität gefahren werden, damit Samenvorräte nicht weiter ausgebaut werden.

Abbildung 3: Gewinnfunktion N-freie Leistung Weizen für zwei Preis-Szenarien

Abbildung 3: Gewinnfunktion N-freie Leistung Weizen für zwei Preis-Szenarien

Fazit

Die aktuelle weltpolitische Situation und die damit verbundene Volatilität der Märkte fordert Ackerbaubetriebsleiter heraus. Bei der Vermarktung rückt eine zunehmende Risikoabsicherung in den Vordergrund, um dem Anstieg der Betriebsmittelpreise entgegenzuwirken. Bei jedem Teilverkauf von Getreide sollte auch über den Einkauf von Betriebsmitteln nachgedacht werden, damit dem Risiko entgegengesetzter Preisentwicklung zwischen der produzierten Ware und Produktionsmitteln aus dem Weg gegangen wird.

Autor:

Niklas Beimgraben-Timm
Hanse – Agro – Beratung und Entwicklung GmbH

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