Vermarktungsstrategien für Getreide
Jörg Kiel, LEV Ostholstein
09.09.2020
Warum ist die Getreidevermarktung ein Muss und kein Kann? Jedes Jahr stellt sich der Landwirt die Frage: Wann und wie vermarkte ich mein Getreide? Für diese Entscheidung gibt es verschiedene Entscheidungsgrundlagen, aus denen wiederum unterschiedliche Strategien abgeleitet werden können. Jörg Kiel, seit über 10 Jahren Vorstand und Vermarktungsexperte beim Landwirtschaftlichen Ein- und Verkauf (LEV) Ostholstein, gibt Tipps zur Vermarktung.
Vermarktungsschwellen
1. Menge x… | bei Kostengrenze |
2. Menge x… | bei Gewinngrenze I |
3. Menge x… | bei Gewinngrenze II |
4. Menge x… | wenn der Markt die Kostengrenze nach unten wieder erreicht bzw. wenn Gewinngrenze II erreicht wird. |
Exkurs
In einer Studie von Prof. Loy, Leiter der Abteilung Marktlehre der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, mit 200 untersuchten Betrieben erreichte kein Landwirt bei der Vermarktung langfristig die Durchschnittspreise. Und dennoch war das Wort Durchschnitt in der Vermarktung oder bei Erfolgsmaßstäben lange negativ besetzt. Diese Einstellung wandelt sich in den letzten Jahren etwas. Es gibt verschiedene Konzepte im Handel, bei denen sich die Vermarktung am Durchschnitt orientiert. Das zeigt, dass dort ein Umdenken stattfindet, dass der Durchschnitt nicht mehr das „Negative“ ist. Und das ist einer der wichtigsten Fortschritte bei der Vermarktung in den letzten 13 Jahren, seitdem ich in Ostholstein arbeite.
1. Start der Vermarktung in diesem Beispiel Mitte August 2018, als klar wird, dass die Preisrallye aus 2018 vorbei ist. Diesmal direkt mit der hohen Gewinnschwelle.
2. Der nächster Vermarktungsschritt erfolgt Mitte März als der Markt das dritte Mal auf die Gewinnschwelle 1 aufschlägt. Dieser Schritt könnte aber schon eher gemacht werden.
3. Keine Vermarktung zum Tiefpunkt nötig, da schon 40% vermarktet sind.
4. Erst als im November 2019 wieder die Kostengrenze erreicht wird, erfolgen weitere 20% Vermarktung.
5. Der Rest oder auch bis zu 80% vom erwarteten Ertrag kann im Mai 2020 beim Erreichen der Gewinnschwelle I verkauft werden.
➔ Der erreichte Durchschnittspreis (ab Hof oder angeliefert Lager) im Sommer 2020 würde dann bei ca. 18,25 € ex Ernte liegen.