Wie sieht Deine Arbeit in Kanada aus?
Meine Aufgaben sind die Pflege der Bestandskunden (seit 2022 sind wir dort aktiv) und der Auf- und Ausbau des Vertriebsnetzes. Im ersten Schritt bringen wir ihnen die unbekannte Kultur Hybridroggen näher, da Winterungen eine Nische sind. Dafür bieten wir unter anderem gemeinsam mit den Wiederverkäufern Feldtage an, die im Juni/Juli über Gesamt-Western-Canada stattfanden. Wir unterstützen den Handel mit Marketingideen und setzen einen besonderen Fokus auf die Futtermittelindustrie, um den Roggen auch dort platzieren zu können.
Eine neu eingeführte Maßnahme in diesem Sommer ist das „Rye-Breakfast“, zu dem die Händler ihre Landwirte einladen. Dazu treffen wir uns morgens vor der Mittagshitze auf einem Roggenfeld. Dort sprechen wir direkt in der Kultur über alles Beachtenswerte, von der Aussaat bis zu Ernte. Die Sortenwahl ist dabei eher ein kleineres Thema, da das ackerbauliche Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist. Mit eingebunden ist bei diesen Treffen auch die Marktseite, um zu klären, wer die Ernteware abnimmt. Und für das leibliche Wohl decken wir uns bei „Tim Hortens“ mit Kaffee und Donuts für alle ein.
Eine weitere Aufgabe von mir ist, das Vertriebsteam aufzubauen. Wir suchen derzeit zwei neue Kollegen für den Bereich Fütterungsberatung sowie einen Vertriebsberater.
Wie sehen in Kanada die Verkaufsstrukturen für Saatgut aus?
Wir haben die Saatgutproduktion zurzeit in eigener Hand, produzieren lokal und beliefern die Händler per LKW. Bei den Händlern gibt es zwei sehr unterschiedliche Gruppen. Die Genossenschaft „Coop“-Kette, vergleichbar mit der Raiffeisen in Deutschland, und daneben moderne große landwirtschaftliche Betriebe, die selbst auch Saatgut produzieren und mit High-Tech-Aufbereitungsanlagen und großen Lagerkapazitäten ausgestattet sind. Diese haben z. T. auch ein eigenes Vertriebsteam.
Was sind für Dich die beeindruckendsten Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen der Landwirtschaft in Kanada und Deutschland?
Für mich als Technik-Verrückter sind die Dimensionen in Kanada beeindruckend – die Maschinengrößen, die Betriebsgrößen. Demzufolge sind die Schläge auch entsprechend groß. Die Schläge, Sektionen genannt, sind in Viertel unterteilt. Jedes Viertel ist 60 ha groß und in der Regel quadratisch, außer ein Fluss oder ein Highway führen hindurch. Auf so einer praktischen Fläche ist dann eine Drillmaschine von 30 bis 34 m Arbeitsbreite natürlich super schlagkräftig.
Die politischen Rahmenbedingungen sind deutlich landwirtschaftsfreundlicher. Ein Beispiel sind Flugzeuge, die in Kanada spritzen dürfen. Aber da auch die Landwirtschaft in Kanada immer effizienter wird, nimmt die durch Flugzeuge ausgebrachte PSM-Menge immer mehr ab und verlagert sich zugunsten der Selbstfahrspritzen. Andrerseits befürchten die Kanadier, dass ähnliche Restriktionen wie in Europa auch in Kanada kommen werden. Die ersten neuen Limitierungen in Bezug auf die Stickstoff-Düngung sind bereits angekündigt. Die Trockenheit im Sommer ist ähnlich, von daher nimmt das Thema Ressourcen-Schonung beim Wasser an Bedeutung zu. Und auch in Bezug auf meine Vertriebsarbeit gibt es einen Unterschied zu meiner bisherigen Herangehensweise.
Dadurch, dass vertrieblich auf Einzelhandelsebene sehr viel über das Telefon abläuft, liegt unser Schwerpunkt darauf, die Marke KWS bekannt zu machen. Für uns in Deutschland ist es unvorstellbar, dass wir hier den Landwirten erst einmal erklären müssen, wer wir sind und warum an uns im Hybridroggen kein Vorbeikommen ist ;-)