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Nachhaltigkeit

Challenge angenommen – Landwirtschaft mit Zukunft

Herbst 2024

Viele ärgern sich über die Herausforderungen in der Landwirtschaft. Doch können wir diese nicht als Aufgabe annehmen und meistern? Lesen Sie im Interview mit Landwirt Carsten Stegelmann, welche Möglichkeiten bestehen, um den Ackerbau fit für die Zukunft zu machen.

Viele Landwirte sind skeptisch, wenn es um die Rahmenbedingungen geht, wie die Landwirtschaft der Zukunft gestaltet werden soll – beispielsweise hinsichtlich angestrebter Strategien zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Ich würde gern mehr über Deinen Betrieb und Deine Motivation erfahren.

Betriebsspiegel Trantower Agrar GmbH & Co. KG | Carsten Stegelmann

Betriebsspiegel Trantower Agrar GmbH & Co. KG | Carsten Stegelmann

Wie gehst Du die Aufgaben proaktiv an?

Wir bewirtschaften hier in Trantow vor den Toren der Hansestadt Greifswald einen Ackerbaubetrieb mit ca. 1400 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Wir bauen verschiedene Kulturen an, größtenteils Winterungen wie Raps, Weizen und Gerste, aber auch die Sommerkulturen Zuckerrübe und Mais. Letzteren verwerten wir in unserer Biogasanlage. Unsere Flächenstruktur besteht teilweise aus Pachtland der Stadt Greifswald. Insbesondere in den Gesprächen mit der Stadtverwaltung, aber auch mit weiteren Landeigentümern und Landbewirtschaftern merken wir immer wieder, dass das Thema Nachhaltigkeit seitens der Verpächter stärker diskutiert wird. Um hier alle an einen Tisch zu bringen, haben wir uns vor einigen Jahren mit verschiedenen Betrieben aus der Region, der Stadt Greifswald und der Universität an einen Tisch gesetzt und die Greifswalder Agrarinitiative gegründet. Die Zusammenarbeit in diesem Verein dient nicht nur der Öffentlichkeitsarbeit, sie treibt auch gemeinsame Projekte in den Bereichen Klima- und Ressourcenschutz in der Landwirtschaft voran. Aus betrieblicher Sicht kann ich hier voll mitwirken und auch Ansätze zur Reduzierung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln probieren und evaluieren.

Wir haben ständig neue Ideen, planen neue Projekte und schauen auch gerne einmal über den Tellerrand, was andere machen.
Carsten Stegelmann, Zitat zur Greifswalder Agrarinitiative (gai-ev.de)

Beginnen wir mit der Düngung – wie ist Deine Strategie?

Wir nehmen aktuell jeden Monat Nmin-Proben von ausgewählten Schlägen unseres Betriebs. Im Schnitt beproben wir so mehrere 100 Hektar. Das soll zum einen eine klare Antwort auf die Frage der „Roten Gebiete“ liefern und zeigen, welche Verlagerung von Stickstoff zu welchen Zeitpunkten im Boden erfolgt. Darüber hinaus ist es das Ziel, dass wir uns ein betriebsspezifisches N-Modell erarbeiten. Hier haben wir insbesondere in der Kultur Raps schon einen großen Erfolg erzielt. Wir nutzen Satellitenkarten der Winterrapsflächen im Herbst und scannen zusätzlich auch den Bestand mit Stickstoffsensoren. Mithilfe dieser Daten berechnen wir die N-Aufnahme über den Winter. Im Frühjahr bei der Düngung können wir dann prozentual einen errechneten Faktor berücksichtigen. Dadurch schaffen wir es, den Einsatz von Düngemitteln zu reduzieren. Noch viel wichtiger: Wir erzielen seit drei Jahren eine ausgeglichene N-Bilanz im Raps, was sich sonst als deutlich schwieriger herausgestellt hat. Die kontinuierlichen Nmin-Proben über das Jahr hinweg stützen das Ganze und ermöglichen uns eine ganzjährige Kontrolle und Feinjustierung unseres Modells. Neben der Kultur Raps verfolgen wir diesen Ansatz auch bei Zwischenfrüchten (hier ernten wir die Biomasse und bestimmen den N-Gehalt) und wollen das zukünftig auch auf weitere Kulturen ausweiten. Die Digitalisierung stellt schon gute Tools bereit, wenn man sie zielführend kombiniert.

Beim Thema Pflanzenschutz ist die Entwicklung ebenso vorangegangen – Ihr setzt dabei mit Blick auf die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln auf die Hacke-Band-Applikation?

Die Aufgabe der Pflanzenschutzmittelreduzierung muss man in zwei Szenarien aufteilen. Das ist zum einen das Minimieren des Risikos – konkret, der Einbezug des HRI-Faktors für den einzelnen Wirkstoff in der Schlagkartei. Zum anderen geht es um die Reduzierung der ausgebrachten Menge. Der Schlüssel dafür ist für mich die Digitalisierung und insbesondere die Künstliche Intelligenz. Im Pflanzenschutz wenden wir verschiedene Applikationsverfahren an und unterteilen in Flächenapplikation und Hacke-Band-Verfahren. Das Hacke-Band-Verfahren setzen wir vorranging in den Zuckerrüben ein. Hier arbeiten wir sowohl mit klassischen Herbiziden als auch mit dem CONVISO® SMART System. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, die Verfahren des mechanischen Hackens und des chemischen Pflanzenschutzes zu trennen – dadurch können wir bessere Ergebnisse erzielen, da beide Verfahren unterschiedliche Einsatzbedingungen benötigen. Durch diese Kombination erzielen wir über die Reihenspritzung Reduktionspotenziale von 50 - 60 %.

Reduzierung des Herbizid-Einsatzes in Zuckerrüben durch Reihenspritzung (Foto: Stegelmann)

Reduzierung des Herbizid-Einsatzes in Zuckerrüben durch Reihenspritzung (Foto: Stegelmann)

Das Ganze funktioniert in Kombination mit den Hackdurchgängen aber nur, weil die Fahrspuren der unterschiedlichen Geräte digital aufeinander abgestimmt sind und uns die Kameratechnik an Feldspritze und Hacke die Feinsteuerung ermöglicht. Diese guten Erfahrungen aus dem Einsatz in Zuckerrüben wollen wir in diesem Jahr auch im Winterraps einsetzen und erstmalig den Raps im Herbst hacken.

Der Stellenwert von Künstlicher Intelligenz wird umso deutlicher, wenn wir über die Reduzierungsmöglichkeiten in der Flächenapplikation sprechen. Wir setzen erstmalig Drohnentechnik ein, um mithilfe von Kameras Unkrautkarten unserer Felder zu erstellen und somit bedarfsgerecht nicht-selektive Herbizide auszubringen. Hier ist die größte Herausforderung allerdings immer noch die Datenübertragung von der Drohne zur Feldspritze. Wir tasten uns hier aber genauso ran wie an das Hacke-Band-System!

Hacke-Band-Verfahren: kameragestützte Hacke (Foto: Stegelmann)

Hacke-Band-Verfahren: kameragestützte Hacke (Foto: Stegelmann)

Zum Pflanzenschutz gehört neben der Applikation auch das Monitoring. Wie verbindest Du das mit den digitalen Ansätzen?

Wir nutzen für die Entscheidungshilfe der Durchführung von Maßnahmen schon seit Jahren ein dichtes Netz von digitalen Wetterstationen, die uns punktgenaue Informationen liefern. Weiterhin setzen wir seit diesem Jahr auf digitale Gelbschalen, welche uns die Bonitur deutlich erleichtern und darüber hinaus auch zeigen, wie stark der Befall mit Insekten überhaupt ist und ob dieser gleichverteilt ist.

Wie würdest Du aus Deiner Sicht diese angesprochenen Themen zusammenfassen?

Der Erfolg ist die Addition der vielen Möglichkeiten, die man zusammenfügen muss! Ich sehe in unserer Branche über die letzten Jahre eine deutliche Steigerung der Möglichkeiten seitens Landtechnik, Software und Künstlicher Intelligenz. Wichtig ist, dass man sich dem Thema annimmt – auch unter dem Risiko, dass manches nicht direkt funktioniert! Wir haben auch gelernt, dass manche Sachen nicht gleich den gewünschten Erfolg zeigen, sondern noch verfeinert werden müssen. Wichtig ist es, am Ball zu bleiben!

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Max-Lucas Wilhelm
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