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Interview

Mit Leidenschaft das Beste geben

BlickPunkt, Sommer 2025

Niklas Klingebiel, 29 Jahre, aus dem Landkreis Göttingen bewirtschaftet zusammen mit seiner Familie neben dem Hof im Eichsfeld auch einen Betrieb in Tschechien. Der junge Unternehmer leitet die Ackerbaubetriebe und erzählt im Interview von seinen Erfahrungen in Tschechien.

Wie hat sich Ihr heimatlicher Betrieb zu Ihrem heutigen Unternehmen entwickelt?

Ich lebe mit meiner Familie bei Duderstadt und wir bewirtschaften unseren landwirtschaftlichen Betrieb in der 5. Generation. Für uns war immer klar: „Wenn wir Ackerbau machen wollen, brauchen wir Fläche.“ Wir haben uns daher sowohl in Richtung Thüringen als auch nach Osteuropa orientiert. Mein Vater konnte 2014 einen arrondierten Ackerbaubetrieb in Tschechien kaufen – etwa drei Autostunden von zu Hause entfernt. Im letzten Jahr haben wir dort zwei weitere Betriebe übernommen. Auch in Heiligenstadt (Thüringen) konnten wir uns kürzlich vergrößern.

Aus heutiger Sicht war Tschechien für uns die beste Wahl: Die Menschen sind uns gegenüber aufgeschlossen und das Land ist sehr liberal. Die gesamte Kommunikation mit den Behörden ist einfach und erfolgt auf elektronischem Wege. Es werden einem keine Steine in den Weg gelegt.

Wie managen Sie die Standorte?

Unsere Betriebe sind unheimlich dynamisch und ich kann sie gut aus der Ferne leiten. Wir sind ein sehr junges Team, kommunizieren viel per WhatsApp und ich bin zwei Tage pro Woche selbst in Tschechien. Seit kurzem haben wir einen Agronomen als Vorarbeiter vor Ort, der auch die Einteilung der Mitarbeiter übernimmt. Unser Team harmoniert sehr gut und wir arbeiten auf Augenhöhe zusammen.

Ackerbaulich ergänzen sich die Betriebe durch sehr unterschiedliche Boden- und Klimabedingungen. In Tschechien ist es etwas wärmer und trockener. Die Böden sind sehr gut und homogen. Dadurch ernten wir recht stabil, was für uns wichtig ist. Im thüringischen Eichsfeld hingegen haben wir einen kalten, hohen Standort. Hier wird im Sommer eine sehr hohe Schlagkraft benötigt, weil wir nur ein ganz kurzes Zeitfenster für die Ernte und die darauffolgende Aussaat haben. In Zeiten des Klimawandels sehen wir die Höhenlage aber auch als Chance. Hier fallen rund 200 mm mehr Niederschlag als in Tschechien. Vielleicht haben wir dadurch in 20 Jahren sogar einen Vorteil…?!

Betriebsspiegel

Landwirtschaftlicher Unternehmensverbund Klingebiel Holding GmbH

Land Deutschland Deutschland Tschechien
Standort Duderstadt (Niedersachsen) Heiligenstadt (Thüringen) Trnovany (Nordböhmen)
Ackerfläche ca. 200 ha ca. 2.100 ha ca. 3.100 ha
Lage 150 - 200 ü. NN 350 - 500 ü. NN 150 - 350 ü. NN
Boden Lösslehm Kalkstein-Verwitterungsböden Lösslehm, Schwarzerde
Bodenpunkte 60 - 75 35 - 45 45 - 90
Niederschlag 650 mm 750 mm 550 mm
Kulturarten Zuckerrüben, Kartoffeln (Chips und
Pommes), Weizen, Silomais
Futtergerste, Weizen, Raps,
Braugerste, Dinkel, Körnermais
Mais, Raps, Weizen, Durumweizen,
Braugerste, Zuckerrüben, Blaumohn
AK 1 12 14
Besonderheiten   Agroma Landmolkerei GmbH:
Eichsfelder Schmand
Produktion von Backmohn.
Eigene Logistik mit 3 LKW.

Blaumohn (Fotos: Klingebiel)

Blaumohn (Fotos: Klingebiel)

Reife Blaumohnkapsel mit Mohnsamen (Fotos: Klingebiel)

Reife Blaumohnkapsel mit Mohnsamen (Fotos: Klingebiel)

Erzählen Sie uns etwas über Ihre Produktion und Vermarktung in Tschechien

Als reiner Marktfruchtbetrieb mit erweiterter Fruchtfolge bauen wir neben Getreide, Raps, Mais und Zuckerrüben auf rund 7 bis 8 % der Fläche Blaumohn an. Wir produzieren Sommer-Braugerste für Mälzereien und unser Raps wird an große Ölmühlen in der Region geliefert. Mit der Zuckerindustrie schließen wir Verträge zum Rübenanbau ab und bauen mehr als 300 ha Rüben mit CONVISO® SMART Sorten an. Der Rübenpreis ist in Tschechien etwas niedriger als in Deutschland. Es gibt eine staatliche Prämie von rund 250 €/ha Rüben. Die Hälfte unserer Weizenfläche ist mittlerweile Durumweizen. Wir haben rund 15.000 t Lagerkapazität in Flachlägern. Unser Getreide vermarkten wir zu 90 % in Deutschland, z. B. am Agroterminal bei Dresden, einem riesigen Umschlagsplatz für Osteuropa. Außerdem versuchen wir direkt mit den Mühlen zu handeln, z. B. mit der Saalemühle in Alsleben oder Roland Mills in Bad Langensalza.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Mohnanbau?

Mohn ist eine Sommerung, die Wirtschaftlichkeit ist vergleichbar mit der von Raps und der Vorfruchtwert ähnelt dem der Erbse. Bei der Aussaat muss Mohn sehr flach abgelegt werden und braucht eine gute Keimfeuchtigkeit. Tschechien ist der größte Blaumohn-Produzent in der EU, weil er aufgrund der klimatischen Bedingungen gut dorthin passt.

Ein wichtiges Qualitätskriterium ist der Morphingehalt, der stark vom Wetter abhängig ist und nicht zu hoch sein darf. Wir haben auch in Deutschland versucht, Mohn anzubauen. Die Erträge sind hier aber deutlich niedriger, was u. a. auch an den limitierten zugelassenen Sorten liegt. Außerdem reichen hier oft die Sonnenstunden nicht aus, um die blaue Farbe zu bekommen. In Deutschland bauen wir daher keinen Mohn mehr an. Wir vermarkten den Mohn in Tschechien backfertig ausgereinigt. Es ist eine Reinheit von 99,98 % erforderlich. Der Mohn wird bei guter Qualität nach Österreich oder Deutschland verkauft.

Welche Chancen und Perspektiven sehen Sie für Ihr Unternehmen?

Aktuell ist unsere größte Herausforderung die Eingliederung neuer Mitarbeiter und des Betriebszuwachses hier in Deutschland. Das ist zugleich aber auch eine großartige Chance und Perspektive, auf die wir uns sehr freuen. Ansonsten treffen uns die Klimaveränderungen, aber da sind wir ja alle mit den gleichen Problemen konfrontiert.

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Henrike Nichterlein
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