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Expertenwissen

Innovative Technologien zur Unkrautkontrolle im Zuckerrübenanbau

Autoren: Dr. Stefan Paulus und Dr. Abel Barreto (Institut für Zuckerrübenforschung)

BlickPunkt, Sommer 2025

Spot-Spraying und mechanische-Breikrautregulierung mit Feldrobotern stehen in den Startlöchern, um die Unkrautkontrolle im Zuckerrübenanbau zu ergänzen. Ein Bericht zum Projekt Farmerspace vom Institut für Zuckerrübenforschung in Göttingen.

Experimentierfelder FarmerSpace

FarmerSpace ist eines der digitalen Experimentierfelder für die Landwirtschaft, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL. Seit 2020 evaluieren und testen die Projektpartner, das Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) in Göttingen, die Agrartechnik der Georg-August-Universität Göttingen, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und das Fraunhofer IOSB in Ilmenau digitale Methoden wie Drohnen, Roboter oder Prognosemodelle im praktischen Feldeinsatz.

Im Mittelpunkt stehen Anwendungen für den digitalen Pflanzenschutz, wie die Erkennung und Kontrolle von Blattkrankheiten oder das Unkrautmanagement mit innovativen Ansätzen. Konkrete Fallbeispiele sind die Nutzung von:

  • Handy-Apps für die Erkennung der Unkrautspezies,
  • Spritzdrohnen oder Spotspraysystemen zur teilflächenspezifischen Kontrolle von Blattkrankheiten oder
  • modernen Hackrobotern für das automatisierte Hacken von Unkraut in Zuckerrüben.

Diese innovativen Technologien können dazu beitragen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, indem sie präzise applizieren oder gar alternative Kontrollmaßnahmen ermöglichen.

Autonomes Hacken mit Kamera

Hackroboter sind eine Weiterentwicklung sensorbasierter, maschinengezogener Hacken und arbeiten autonom auf dem Feld. Sie kommen bisher bevorzugt in Hackkulturen wie Zuckerrüben, Kartoffeln oder Gemüse zum Einsatz, wo sie Unkräuter sowohl zwischen als auch in der Reihe entfernen und so insbesondere die Pflanzen in der Jugendentwicklung vor Konkurrenz um wichtige Ressourcen schützen.

Heute sind weltweit über 40 verschiedene semi- oder voll-autonome robotische Systeme auf dem Markt. In der ökologischen Landwirtschaft haben sich zwei Grundtechniken etabliert: Der GNSS-basierte Ansatz (globale navigation satellite system) erfordert die Aussaat mit dem Roboter, wodurch später überall gehackt werden kann, wo Saatgut nicht abgelegt wurde (Abb. 1); und der kamerabasierte Ansatz. Dieser nutzt optische Sensoren, darunter RGB- und multispektrale Kameras mit NIR-Erfassung, um die Umgebung in Echtzeit zu analysieren. Moderne KI-Methoden verarbeiten diese Bilder sofort und unterscheiden zwischen Kulturpflanzen und Unkräutern. Dabei ist es essenziell, dass die zugrunde liegenden Trainingsdaten die Vielfalt der realen Bedingungen abbilden – einschließlich verschiedener Sorten, Bodenarten, Anbausysteme (z. B. auch Mulchsaat) und Unkrautspezies. Soll der Roboter in einer neuen Kultur arbeiten, muss der Datensatz entsprechend erweitert werden.

Abb. 1: Aussaattermin mit dem GNSS-basierten Roboter FarmDroid FD20 im Jahr 2024 auf einem Versuchsfeld bei Göttingen

Abb. 1: Aussaattermin mit dem GNSS-basierten Roboter FarmDroid FD20 im Jahr 2024 auf einem Versuchsfeld bei Göttingen

Nächste Generation der Feldroboter

Wer die Entwicklung der Technik verfolgt, stellt fest, dass aktuelle Systeme auf Ausstellungen wie der Agritechnica 2023 ebenfalls mit Herbizidapplikation angeboten werden. Dies ermöglicht eine Kombination mechanischer und wirkstoffbasierter Ansätze auf dem Feld. Im Gegensatz zum bekannten Spot-Spraying, bei dem kleine Herbizidspots auf die Position des Unkrautes gespritzt werden, unterstützen diese Systeme das Spotten an und um die Position der Kulturpflanze (Abb. 2). Dabei soll der Bereich rund um die Pflanze unkrautfrei gehalten werden, denn hier ist das Hacken sehr schwierig und Unkrautpflanzen beeinflussen dort direkt das Wachstum der Kulturpflanzen.

Abb. 2: Spot-Bereich eines kombinierten Systems: Applikation an der Position der Kultur, oben RGB-Bild, unten detektierter Kulturpflanzenbereich.

Abb. 2: Spot-Bereich eines kombinierten Systems: Applikation an der Position der Kultur, oben RGB-Bild, unten detektierter Kulturpflanzenbereich.

Erfahrungen mit autonomen Systemen zur Unkrautkontrolle

Unsere Erfahrung im Projekt FarmerSpace in den letzten Jahren im Bereich autonomer Roboter basiert insbesondere auf drei autonomen Systemen: dem FarmDroid FD20 (Baujahr 2021, FarmDroid ApS) und dem Farming GT (Baujahr 2022 und 2024, Farming Revolution GmbH, Abb. 3). Erste positive Erfahrungen konnten mit beiden Systemen und der autonomen, mechanischen Kontrolle in den Jahren 2021 und 2022 gesammelt werden. Diese Erfahrungen wurden in unseren Feldexperimenten, der „Weeding Challenge“, festgehalten, die in Zusammenarbeit mit KWS initiiert wurden. Es war ein großes Potenzial autonomer Systeme für die landwirtschaftliche Unkrautkontrolle erkennbar, aber auch Schwächen wurden identifiziert.

Robotiksysteme erreichten Wirkungsgrade, die mit der Standardvariante (Herbizid-Flächenspritzung) vergleichbar waren. Verbesserungsbedarf wurde besonders im Nahbereich der Kulturpflanze identifiziert und mit den Herstellern diskutiert. Zudem konnten wir die Vorteile von Robotern für die Unkrautkontrolle in der Reihe im Vergleich zu einer praxisüblichen Scharhacke identifizieren.

Abb. 3: Farming Revolution Feldroboter - die erste Version (2022) ist ausschließlich mit einem Hacksystem ausgestattet.

Abb. 3: Farming Revolution Feldroboter - die erste Version (2022) ist ausschließlich mit einem Hacksystem ausgestattet.

Abb. 3: Farming Revolution Feldroboter - die 2024er Version integriert ein kombiniertes Spot-Spraying- und Hack-System zur Unkrautregulierung.

Abb. 3: Farming Revolution Feldroboter - die 2024er Version integriert ein kombiniertes Spot-Spraying- und Hack-System zur Unkrautregulierung.

Im Jahr 2024 bestand erstmals die Möglichkeit, Erfahrungen mit einem kombinierten System zu sammeln, das sowohl mechanische als auch Spot-Spraying-Unkrautkontrolle umfasst. Ein wesentlicher Unterschied zum FarmDroid FD20 zeigte sich in der Anzahl der erforderlichen Überfahrten, um einen Wirkungsgrad von über 85 % zu erreichen. Während das rein mechanische System FarmDroid FD20 aufgrund seiner filigranen Hackscharen und des elektrischen Antriebs zwei bis drei zusätzliche Überfahrten benötigt, kann der Farming GT dieselbe Effizienz mit weniger Durchgängen erzielen – und das bei einer doppelt so hohen Geschwindigkeit von bis zu 2,2 km/h.

Hervorzuheben ist, dass neben dem Wirkungsgrad auch der Verlust der Kulturpflanze durch Hacken ein relevanter Parameter ist, der sich weiterhin als ein zu verbessernder Aspekt bei Robotersystemen darstellt. Dabei scheinen GNSS-basierte Systeme aufgrund ihrer passiven Standortbestimmung der Kulturpflanzen gewisse Vorteile zu haben, im Vergleich zum Risiko einer Fehlklassifikation bei jeder Überfahrt von kamerabasierten und KI-gestützten Systemen.

Kritische Verluste sind in den BBCH-Stadien 10 - 12 zu beobachten, in denen sich die Zuckerrübe nicht erholen kann. Ab BBCH 14 - 16 kann sich die Rübe im Falle einer Fehlklassifikation zwar erholen, allerdings führt dies zu Ertragseinbußen durch die Zerstörung des Blattapparates. Letztlich ist beim Einsatz dieser kombinierten Systeme eine Einsparung von 75 % an Pflanzenschutzmitteln nach unseren bisherigen Erfahrungen zu erwarten – bei gleichbleibender Standard-Populationsdichte der Zuckerrübe.

Autonome Robotik als nachhaltige Alternative

Daraus lässt sich schließen, dass jedes System eine eigene Philosophie und ein einzigartiges Profil für die Unkrautkontrolle hat, was eine spezialisierte Integration des jeweiligen Systems in Anbausysteme erfordert. Agronomisch gibt es noch weitere wichtige Fragestellungen. Ein robotisches System ist bspw. nur schwer an die typischen NAKs anzupassen, die für die Flächenspritzung von Pflanzenschutzmitteln ausgelegt sind. Die Unkrautkontrolle mit robotischen Systemen muss an deren technologischen Komponenten für die Unkraut- oder Kulturpflanzenerkennung, Hackwerkzeuge für die mechanische Kontrolle und Spot-Applikation angepasst werden, um eine maximale Wirkung zu möglichst geringen Kosten und ohne Schädigung der Kulturpflanzen zu erzielen.

Die Weiterentwicklung autonomer Feldrobotik und ihrer Unkrautkontrollstrategien zeigt, dass innovative Technologien eine nachhaltige und effiziente Alternative zur konventionellen Herbizidapplikation darstellen. Die Herausforderung besteht nun darin, diese Systeme in der Fläche verfügbar zu machen und gezielt in die bestehende Anbaupraxis zu integrieren, um ihre Potenziale voll auszuschöpfen und gleichzeitig ökologische sowie ökonomische Vorteile zu maximieren.

Im Versuchsjahr 2025 werden die Feldversuche zur Unkrautwirkung am Standort Göttingen mit modernen Robotiksystemen fortgeführt. Wir sind gespannt, welchen Fortschritt wir beobachten können.

Fazit

Hackroboter haben großes Potenzial, um das Unkrautmanagement auf dem Feld zu automatisieren. Aktuell sind sie noch in der Testphase, aber schon jetzt ist sichtbar, wie mittels Kamera und KI-basierter Auswertung Unkraut von Kulturpflanze unterschieden werden kann und automatisch die Hackwerkzeuge nicht nur zwischen, sondern auch in die Reihe fahren. In den kommenden Jahren werden sie sicherlich vermehrt auf den Feldern zu sehen sein.

Dr. Stefan Paulus
Sensorik und Datenanalyse
Institut für Zuckerrübenforschung
Paulus@ifz-goettingen.de

Dr. Abel Barreto
Sensorik und Datenanalyse
Institut für Zuckerrübenforschung
Barreto@ifz-goettingen.de

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Gerrit Behrens
Gerrit Behrens
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