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Expertenwissen

Agrarmeteorologische Aspekte im Winter und zum Saisonstart 2026

Falk Böttcher, Deutscher Wetterdienst, Agrarmeteorologische Beratungsstelle Leipzig

BlickPunkt, Herbst 2025

Die Tage werden kürzer und der Großteil der Arbeiten auf den Feldern ist für 2025 abgeschlossen. Nun bewegen folgende Fragen: Wie kommen unsere Kulturen durch den Winter und wie werden die agrarmeteorologischen Verhältnisse in der neuen Saison sein? Wird es wieder - wie in den letzten Jahren immer - in den meisten Monaten zu warm? Werden wir genügend Bodenwasser haben, damit die Fruchtarten ihr Ertragspotenzial in Abhängigkeit der pedologischen Standortbedingungen ausschöpfen können oder werden Ertragsdepressionen an der Tagesordnung sein?

Möglichkeiten und Grenzen von Langfristvorhersagen

Diese Fragen kann jetzt im Herbst 2025 niemand mit genügender Genauigkeit beantworten. Gleichwohl gibt es inzwischen Prognosewerkzeuge, die die Lücke zwischen klassischer Wettervorhersage und Klimaprojektion schließen helfen. Das sind einerseits Vorhersagen bis sechs Wochen und andererseits bis sechs Monate in die Zukunft. Diese Vorhersagen liefern aber keine explizite Aussage zu den meteorologischen Vorhersagegrößen an einem Tag, sondern sie zeigen uns vor dem Hintergrund der klimatischen Normalwerte für die Woche oder die jeweiligen Monate die erwartete durchschnittliche Abweichung von den Normalwerten der Lufttemperatur, der Niederschlagsmenge und der Bodenfeuchte in den oberen 60 cm eines grasbewachsenen Bodens. Diese Mittelwerte, gerade des Niederschlages, aber auch der Lufttemperatur, lassen jedoch kaum einen Rückschluss zu, ob es in der Zeit der jeweiligen Woche oder des betreffenden Monats extreme Ausschläge zu hohen oder niedrigen Werten gibt.

Bei der Bodenfeuchte, deren Änderungsverhalten maßgeblich von der Wasserspeicherfähigkeit des Bodens abhängt, ist das Oszillieren der Werte gedämpfter und nur bei großen Niederschlagsmengen sind auch schnelle Zuwachsraten der Bodenfeuchte möglich. Die Abtrocknung erfolgt langsamer, ist dann aber auch kritischer zu werten, wenn sie einmal im trockenen Bereich angekommen ist, weil eine Auffüllung der pflanzenverfügbaren Bodenwasservorräte, beispielsweise eines mittellehmigen Sandes (Bodenart Sl3), erst mit einem Volumen von 180 Liter in einem Kubikmeter Boden gegeben ist. Dazu kommen noch 90 l/m³ Totwasser, das nicht von den Pflanzen erschlossen werden kann.

Beispiel der saisonalen Vorhersage der Lufttemperatur

Beispiel der saisonalen Vorhersage der Lufttemperatur

Wie wird der Winter?

Zum Redaktionsschluss deutete sich ein zu milder und bestenfalls niederschlagsnormaler Winter in den meisten Regionen Deutschlands an. Damit werden die Bodenwassergehalte in Regionen mit einem herbstlichen Manko in der winterlichen Füllungsphase kaum aus diesem Defizit herauskommen. Es wird dort nur im oberen Bodenraum eine Wasseranreicherung passieren, die für einen guten Start in die Pflanzenbausaison dienlich ist. Ob damit aber auch ausgangs des Winters die Bodenbefahrbarkeit ein bodenschonendes Ausbringen der ersten Düngegabe oder eine rechtzeitige Frühjahrsaussaat der ersten Sommerungen ermöglicht, übersteigt die Prognosemöglichkeiten. Einen Hinweis zum Start der Vegetation und der Nährstoffmobilisierung im Boden kann man aber ableiten und deshalb sind diese Informationen bald Teil der Düngebedarfsermittlung. Voraussetzung für eine gewinnbringende Anwendung ist - ähnlich wie bei der Wettervorhersage - die Nutzung der jeweils aktuellsten, immer dienstags produzierten Vorhersage.

Wann wird es Frühling?

Der Winter verabschiedet sich in Deutschland mit dem nachhaltigen Erwachen der Vegetation. Im Mittel über Deutschland ist das am 19.03., wobei im Süden und Südwesten schon am 14.03. der Startschuss fällt, dafür aber im Nordosten erst am 24.03. In den letzten Jahrzehnten ist dieser Termin um etwa 10 Tage nach vorne gerückt. Je nach Art der Bestimmung wird für die Festlegung des Vegetationsbeginns entweder das deutliche Überschreiten der 5-Grad-Celsius-Schwelle der Lufttemperatur oder der Temperatur in 10 cm Tiefe bei unbewachsenem Erdboden herangezogen. Dieser Werte korreliert mit dem ersten sichtbaren Ergrünen der Wintergetreide und des Grünlandes, was man auch über die Bestimmung der sogenannten Grünlandwärmesumme nach Ernst und Loeper berechnen kann. Bei dieser Wärmesumme werden 50 % der positiven Tagesmitteltemperaturen des Januars, 75 % des Februars und ab März der volle Wert der einzelnen Tagesmitteltemperaturwerte addiert. Ist dann eine Summe von 200 Gradtagen erreicht, spitzt normalerweise das frische Grün. Legt man die Pflanzenentwicklung zugrunde, dann ist der Vegetationsbeginn dann eingetreten, wenn die Kätzchen der Salweide gelben Blütenstaub abgeben.

Phänologie Vegetationszeit

Phänologie Vegetationszeit

Wann ist die Feldbefahrbarkeit gegeben?

Ökonomische und ökologische Aspekte, flankiert von düngerechtlichen Regelungen und Gesichtspunkten des Bodenschutzes, stellen die Landwirtschaft vor und um die Zeit des Vegetationsbeginns vor die Frage der richtigen Einschätzung der Bodenbefahrbarkeit. Der Boden hat ein Gedächtnis und Schadverdichtungen als Folge von Überfahrten bei ungünstigen Bedingungen führen an den betreffenden Stellen zu jahrelang nachwirkenden Problemen u.a. bei der Durchwurzelung und der Nährstofferschließung. Diese Thematik führte in den letzten Jahren gemeinsam mit dem KTBL und dem Thünen-Institut zur Entwicklung eines interaktiven Werkzeuges, das im agrarmeteorologischen Informationsportal ISABEL (Zugriff entweder über die Behörden und Kammern in den Bundesländern oder unter www.landwirtschaftsdaten.de, dort dann in der Suche ISABEL eingeben) verfügbar ist. Nach der Auswahl einiger weniger technischer und bodenbezogener Informationen wird in Echtzeit eine Information zur aktuellen Befahrbarkeit und Verdichtungsempfindlichkeit auf der Grundlage der herrschenden Wetterbedingungen gegeben.

Interaktives Werkzeug zur Bestimmung der Bodenbefahrbarkeit im Portal ISABEL

Quelle: Entwickelt in Zusammenarbeit mit KTBL und THÜNEN, DWD 2025

Quelle: Entwickelt in Zusammenarbeit mit KTBL und THÜNEN, DWD 2025

Wann ist der richtige Saatzeitpunkt für die Sommerungen?

Auch dazu bietet die Agrarmeteorologie mit ihren Beratungswerkzeugen wie ISABEL wirksame Entscheidungshilfen. So gibt es Angaben zur Bodentemperatur, die dann im Kontext mit dem jeweiligen pflanzenspezifischen Keimtemperaturbereich eine optimale Aussaat der einzelnen Fruchtarten zulassen. Natürlich ist in dem Zusammenhang auch die Bodenfeuchte und Befahrbarkeit interessant, um günstige Auflaufbedingungen zu gewährleisten. In den letzten Jahren hat sich die Niederschlagsmenge im Winter erhöht und so waren im Frühjahr gebietsweise sehr oft ungünstige Aussaatbedingungen zu Sommergerste gegeben. Deshalb säte man die Sommergerste als Wechselgerste schon im Spätherbst. Damit wurde ungünstigen Frühjahrsbedingungen ausgewichen und - wenn es keine Auswinterungsschäden gab - lag der Ertrag bei gleichzeitig besserer Wasserausnutzung über dem der klassisch angebauten Sommergerste. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass dann auch von einem erhöhten Krankheitsdruck, insbesondere im Hinblick auf Rhynchosporium, berichtet wird.

Ein nicht wendend bearbeiteter Boden oder eine mit abfrierenden Zwischenfrüchten besetzte Fläche hat im Winter durchschnittlich eine etwas höhere Erdbodentemperatur als ein gepflügter Boden. Der gepflügte Boden erwärmt sich im Frühjahr schneller, aber spätestens Mitte April gibt es keinen signifikanten Unterschied mehr.

Wetterstation (Foto: Böttcher)

Wetterstation (Foto: Böttcher)

Fazit

  • Richtig verstanden dienen meteorologische Langfristvorhersagen der faktenbasierten Risikostreuung
  • Voraussichtlich wird der kommende Winter im Durchschnitt milder als normal und bringt nicht die durchgreifende Durchfeuchtung, die das latente Trockenheitsproblem löst
  • Trotzdem kann es im Frühjahr zu Befahrbarkeitseinschränkungen durch zu feuchte Oberböden kommen
  • Teil der Risikostreuung kann dann beispielsweise schon die Vorwinteraussaat eines Teils der Sommergerste sein, wobei das Auswinterungsrisiko und ein erhöhter Krankheitsdruck einzukalkulieren ist
  • Agrarmeteorologische Beratungstools wie das Portal ISABEL und der DWD-Bodenfeuchteviewer unterstützen die Entscheidungsfindung

Autor:

Falk Böttcher

Deutscher Wetterdienst
Agrarmeteorologische Beratungsstelle Leipzig

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