Zuckerrüben-Saatgutproduktion für höchste Saatgutqualität
Wir haben es uns seit Beginn unserer Züchtung zum Ziel gemacht, nicht nur die gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsstandards zu erfüllen, sondern diese zu übertreffen. Um dem gerecht zu werden, werden vor, während und nach jeder Fertigungsstufe eine Vielzahl an Untersuchungen und Analysen durchgeführt sowie zahlreiche Qualitätsparameter für jede Saatgutpartie festgelegt.
Unsere Produktionsplanung im Überblick
Produktionsplanung
Die Produktion von zertifiziertem Zuckerrübensaatgut beginnt mit der Planung der Sorten schon zwei bis drei Jahre vor der Zuckerrübenaussaat. Jede Sorte wird in ihrer möglichen Anbaufläche in den einzelnen Anbauregionen geschätzt und der Produktionsbedarf ermittelt. Nach der Aussaat des Basissaatgutes im August eines Jahres kann die Produktionsmenge noch im Winter, nach Vorliegen der Leistungsergebnisse, in den Märkten angepasst werden. Die Planung wird während des gesamten Produktionsprozesses kontinuierlich mit hoher Sorgfalt überprüft, um den Saatgutbedarf der einzelnen Sorten in hoher Qualität zu decken und gleichzeitig eine Überproduktion zu vermeiden. Die Produktion von Basissaatgut-Komponenten beginnt bereits 4 Jahre vor der Zuckerrübenaussaat.
Produktionsorganisation
Die Hauptvermehrungsstandorte von Zuckerrübensaatgut der KWS für die europäischen Märkte sind in Südwest-Frankreich (Lot et Garonne) und in Norditalien (Emilia Romagna). Beide Regionen bieten hervorragende Bedingungen für die Produktion von Qualitätssaatgut: Günstige klimatische Verhältnisse für die Überwinterung, vegetative Entwicklung, Blüte und Reife der Pflanzen als auch Betriebe mit fruchtbaren Böden, Bewässerungs- und Trocknungsmöglichkeiten.
Die Produktionsstationen KWS France in Buzet und KWS Italia in Forli betreuen und beraten ca. 800 Vermehrungslandwirte in allen Schritten der Saatgutproduktion, um die Anbautechnik genau auf die KWS-Sorten abzustimmen.
Produktionsverfahren
Die Zuckerrübe ist eine zweijährige Pflanze. Nach dem Ausbilden der Speicherwurzel im ersten Jahr (vegetative Entwicklung) können sie erst nach einem über mehrere Wochen wirkenden Kältereiz (Vernalisation) im zweiten Vegetationsjahr schossen und Samenanlagen ausbilden.
In der Saatgutproduktion unserer Sortenhybriden werden mütterliche, männlich sterile Komponenten eingesetzt, die von den sortenspezifischen Pollenspenderpflanzen bestäubt werden. Geerntet wird dann nur das Saatgut auf der mütterlichen Komponente, die Pollenspenderpflanzen (Väter) werden vor der Saatguternte entfernt. In unseren europäischen Saatgutvermehrungsgebieten werden überwiegend monogerme Hybridsorten produziert. Die zwei Entwicklungsphasen für die Saatgutproduktion werden dabei in eigenständigen Produktionsschritten organisiert: Die Produktion von Rübenstecklingen im ersten Vegetationsjahr sowie die anschließende Umpflanzung der Stecklinge zur Saatgutproduktion im zweiten Vegetationsjahr.
Produktion von Stecklingen
Die Aussaat des Basissaatgutes erfolgt im August in hochspezialisierten Betrieben mit Aussaatstärken von ca. 1,0 - 1,2 Mio. Samen/ha (10-12 Einheiten). Die daraus gewachsenen Rüben (Stecklinge) bleiben über Winter in Frankreich und Italien im Feld stehen. In den Wintermonaten werden die Pflanzen durch die kühlen Temperaturen vernalisiert. Zum Schutz vor starken Frösten erfolgt eine Abdeckung der Stecklingsflächen mit Vlies. Dieses stellt sicher, dass für die Saatgutproduktion ausreichend Stecklinge in guter Qualität zur Verfügung stehen. Die Stecklinge werden im Februar mit einem Gewicht von rund 40 - 80 g geerntet und an die Betriebe zur Saatgutproduktion verteilt. Die von 1 ha geernteten Stecklinge können im Durchschnitt auf rund 10 ha Vermehrungsflächen wieder ausgepflanzt werden. Zu diesem Zeitpunkt führt KWS noch einmal eine detaillierte Produktionsplanung durch, um den Saatgutbedarf nach Vorliegen der neuen Sortenergebnisse zu decken.
Saatgutproduktion
Zur Saatgutproduktion werden die Stecklinge männlich steriler monogermer Mutterlinien mit den multigermen Pollenspendern im Februar in Streifen im Verhältnis 6:2 oder 8:2 gepflanzt. Die Bestandesdichte beträgt ca. 40.000 Pflanzen/ha. Ab Mitte April schossen die Samenträger - Ende Mai beginnt die vierwöchige Blüte. In der Reifezeit von 4 - 6 Wochen werden die Grundlagen für eine hohe Saatgutqualität gelegt. Ein Schlüssel zur Qualitätssteuerung ist die Bewässerung, besonders während der Blüte und Abreife. Nach mehrjährigen Versuchen der KWS zur Optimierung der Bewässerung in der Saatgutproduktion haben die Vermehrungslandwirte zunehmend in Tröpfchenbewässerungen investiert. Dieses System ermöglicht sowohl eine Bewässerung an heißen Tagen oder bei starkem Wind, als auch die Gabe von Düngern.
Ernte des Zuckerrübensaatgutes
Nach der Blüte wird der Pollenspender aus den Vermehrungsflächen entfernt. Geerntet wird nur das Saatgut auf der mütterlichen Sortenkomponente, nachdem es die volle physiologische Reife und das maximale Qualitätspotential erreicht hat. Der Erntezeitpunkt in den europäischen Produktionsgebieten ist Mitte Juli bis Anfang August. Sofort nach der Ernte erfolgt die erste Qualitätsprüfung des Saatgutes. Der Feuchtigkeitsgehalt wird unmittelbar nach dem Drusch gemessen, und falls erforderlich wird die Ernte schonend auf unter 10 % Feuchtigkeit getrocknet.
Die einzelnen Verarbeitungsschritte im Überblick
- 1. Schritt 1: Vorreinigung und Reinigung
- 2. Schritt 2: Saatgutaufbereitung
- 3. Schritt 3: Pillierung und Wirkstoffapplikation
- 4. Schritt 4: Abpackung und Versand
Unmittelbar nach der Ernte (Mitte Juli bis August) wird das Saatgut in den Vermehrungsgebieten Italien und Frankreich vorgereinigt, bei Bedarf schonend auf einen Feuchtegehalt von < 10 % getrocknet und zwischengelagert. Bei der Vorreinigung werden zunächst sowohl grobe Verunreinigungen wie Strohpartikel und Blattteilchen als auch Unter- und Übergrößen abgetrennt. Bei jeder Vermehrungspartie wird ein repräsentatives Muster gezogen, das einer umfangreichen Qualitätskontrolle unterzogen wird. Neben der Prüfung auf Keimfähigkeit, Keimgeschwindigkeit und Triebkraft werden Markeranalysen auf Sortenidentität und Reinheit durchgeführt, um die Sorten- und Resistenzeigenschaften für den Anbau sicherzustellen.
Am Ende des Reinigungsprozesses hat das Saatgut einen Füllungsgrad (Früchte mit gut ausgebildeten Samen) von mehr als 92 % und eine Reinheit von mindestens 99 %. Nur etwa 60 % der ursprünglichen Erntemenge werden anschließend zur speziellen weiteren Aufbereitung nach Einbeck transportiert.
Schritt 2: Saatgutaufbereitung
In Einbeck wird im ersten Arbeitsschritt das Saatgut in einer computergesteuerten Anlage über Siebe in verschiedene Größenklassen aufgetrennt. Anschließend erfolgt eine individuelle Polierung der Fraktionen, mit dem Ziel überschüssiges Perikarp (verholzte Fruchtwand) mit keimhemmenden Stoffen zu entfernen und die sternförmige Ausprägung des Saatgutes abzurunden. Mittels einer Kombination aus Windsichtung und Selektion auf Tischauslesern werden leere Früchte und solche mit nur unvollständig ausgebildeten Samen aus dem Saatgutstrom aussortiert. Denn nur optimal polierte Früchte mit vollständig ausgebildeten Samen gewährleisten auch unter schwierigen Umweltbedingungen einen hohen Feldaufgang. Die Aufbereitung und Selektion wird durch die Ergebnisse einer routinemäßigen Röntgen- bzw. CT-Untersuchung unterstützt, die für jede Saatgutpartie ein spezifisches Bild über die Frucht und Samenausbildung liefert.
Über 700 einzustellende Parameter der hoch automatisierten Aufbereitungsanlage werden in Datenbanken gespeichert und unterstützen als selbst lernendes System die Optimierung der Aufbereitung. Am Ende dieses Prozesses beträgt die Ausbeute der von den Vermehrungslandwirten gelieferten Erntemenge nur noch etwa 20 %. Das Saatgut ist jedoch zu 100 % mit gutausgebildeten Samen gefüllt - die beste Voraussetzung für den Feldaufgang im kommenden Frühjahr. Im Anschluss an die Aufbereitung werden alle hergestellten Fraktionen auf Keimfähigkeit und Triebkraft untersucht, klassifiziert und zur weiteren Bearbeitung freigegeben.
Die Saatgutaufbereitung ist in der Regel im März des Folgejahres abgeschlossen, so dass die Anlagen nur einen Teil des Jahres voll ausgelastet sind.
Schritt 3: Pillierung und Wirkstoffapplikation
Das unregelmäßig geformte und flache Saatgut wird im Anschluss an die Aufbereitung mit einer Hüllmasse ummantelt. Die Hüllmasse dient sowohl als Grundlage für die später aufzubringenden Pflanzenschutzwirkstoffe als auch zur Verbesserung der Drillfähigkeit (Einzelkornablage).
Nach der Pillierung werden die nassen Graupillen in großen Trocknern getrocknet. Die Wirkstoffapplikation wird in einer automatisierten Anlage mittels Wirbelschichtgeräten durchgeführt. Hierbei werden zuerst die Fungizide und Insektizide und anschließend die KWS spezifische orange Farbe auf die Graupille aufgetragen. Der Farbfilm dient zur Vermeidung eines Wirkstoffabriebs und somit zum Schutz der Bediener und Landwirte vor direktem Hautkontakt mit den Pflanzenschutzmitteln. Das fertige Produkt hat beispielsweise ein Kaliber von 3,50 – 4,75 mm und einen Feuchtigkeitsgehalt von 7 %. Nach der Produktion wird jede gefertigte Partie weiteren Qualitätskontrollen unterzogen und mit Hilfe zusätzlicher chemischer Analysen geprüft, ob die aufgebrachten Wirkstoffmengen den jeweiligen spezifischen Kundenanforderungen entsprechen. Die Verfahrenstechnologie aller Prozesse, wie auch die Hüllmassenrezepte, sind das Ergebnis jahrelanger Entwicklung. KWS betreibt eine eigene Entwicklungsabteilung im Bereich Saatguttechnologie, um die Aufbereitungsqualität zu optimieren, Hüllmassezusammensetzungen weiterzuentwickeln und Applikationsprodukte zu testen.
Vorteile der Pillierung des Saatguts
Da Zuckerrüben in der Jugendentwicklung besonders empfindlich gegenüber Stress sind und bei der Aussaat auf Endabstand abgelegt werden (11 – 12 Pflanzen/m²), ist der Schädlingsdruck sehr hoch. Daher muss eine Auflaufabsicherung und ein lang anhaltender Schutz des Keimlings und der jungen Rübenpflanze sichergestellt werden, welches die KWS durch die Pillierung und Beizung des Saatgutes erreicht.
Vorteile der Pillierung des Saatguts:
- schonende Anlagerung des Beizmittels an das Saatgut
- Schutz vor Auflaufkrankheiten und –schäden durch Schädlinge
- homogenes Saatgut
- einfache und exakte Aussaat mit Einzelkorndrillmaschinen
- verbesserter Feldaufgang durch spezielle Hüllmassenkomponenten
Aufgrund dieser Faktoren ist die Saatgutbeizung die wichtigste Maßnahme die Rübe so
lange zu schützen, bis sie sich so weit entwickelt hat, dass sie Schaderreger aus
eigener Kraft abwehren kann.
Aufbau der KWS-Zuckerrübenpille
Die KWS produziert überwiegend pilliertes Zuckerrübensaatgut, damit das Saatgut zuverlässig mit Einzelkorndrillmaschinen ausgesät werden kann. Die Saatgutpillierung bietet zudem vielfältige Möglichkeiten Pflanzenschutzmittel schonend, d.h. ohne phytotoxische Effekte, an das Saatgut anzulagern.
Beim Aufbau der Zuckerrübensaatgutpille lassen sich vier Schichten, die mit spezifischen Verfahren aufgetragen werden, unterscheiden:
Schicht 1
Auf das aufbereitete und gewaschene Saatgut wird eine dünne Schicht eines Fungizids appliziert. Dieser Wirkstoff hat desinfizierende Wirkung: Noch am Saatgut befindliche (samenbürtige) pilzliche Schaderreger, z.B. Phoma betae und Alternaria alternata, werden abgetötet.
Schicht 2
Anschließend erfolgt mit Hilfe eines komplexen Pillierprozesses der Aufbau der formgebenden Pille. Diese Schicht besteht aus einer Kombination aus festen und flüssigen Hüllmassenkomponenten und verändert nicht nur die Gestalt, sondern auch das Gewicht des Saatguts. Spezifische Hüllmassenkomponenten enthalten dabei verschiedene entwicklungsfördernde Stoffe, wie beispielsweise Mikronährstoffe. Zudem bewirkt die Hüllmassenschicht eine räumliche Trennung zwischen dem eigentlichen Samen und den Beizmitteln, die in der dritten Schicht aufgetragen werden – ein Schutz vor phytotoxischen Effekten. Nach diesem Prozess muss die feuchte Pille von ca. 50 % auf 7-8 % Feuchtegehalt getrocknet werden.
Schicht 3
Mit Hilfe eines weiteren Filmcoating-Prozesses wird eine Suspension aufgetragen, die Fungizide und Insektizide enthält. Diese schützen das keimende Saatgut vor dem Befall mit diversen tierischen Schaderregern sowie bodenbürtigen Pilzen wie Aphanomyces cochlioides und Pythium ultimum.
Schicht 4
Die vierte und letzte Schicht besteht aus einer Pigmenthülle, die nach Abschluss der Wirkstoffapplikation aufgetragen wird. Diese soll verhindern, dass beim Drillprozess ein Abrieb der Beizmittel aus der dritten Schicht erfolgen kann. Zudem wird der Landwirt vor einem direkten Kontakt mit diesen Beizmitteln geschützt. Letztendlich verleiht die Pigmentschicht der Pille die KWS-typische brilliante orange Färbung. Die Saatgutbehandlung wird durch einen kurzen Trocknungsprozess (Feuchtegehalt 7-8 %) abgeschlossen.
Schritt 4: Abpackung und Versand
Beim letzten Fertigungsschritt, vor der Auslieferung des Saatgutes an die Zuckerfabriken oder die Landwirte, wird das fertige Produkt in Einheiten (1 U = 100.000 Pillen) auf Basis der Tausendkornmasse automatisch abgepackt. Jede Faltschachtel wird dabei auf eine korrekte Einwaage, ordnungsgemäße Etikettierung, Kartonierung und Palettierung überprüft. Kontinuierlich werden repräsentative Proben vom System entnommen, die dann einer abschließenden Qualitätskontrolle im Labor unterzogen werden. Erst nach der Bestätigung, dass das Saatgut alle Qualitätsanforderungen erfüllt, erfolgt die Freigabe für den Versand. Marktspezifische Pillierung und Wirkstoffapplikation sowie kundenauftragsspezifische Abpackung erfordern hohe Fertigungskapazitäten, um termingerecht die bestellten Mengen zu produzieren.