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SBR & RTD fest im Blick

Warum robuste Sorten und agronomische Maßnahmen entscheidend sind

BlickPunkt, Herbst 2025

SBR und Gummirüben verursachen enorme Verluste im Zuckerrübenanbau. Neben der Züchtung robuster Sorten, können agronomische Versuche bei der Gewinnung neuer Erkenntnisse über den Krankheitskomplex unterstützen. Erfahren Sie, welche Möglichkeiten jetzt schon bestehen, um den Schaden zu begrenzen.

Die Schilf-Glasflügelzikade ist an die Fruchtfolge der deutschen Landwirte angepasst. Das Insekt ist einer der Hauptüberträger von zwei bakteriellen Erregern, die die Krankheiten SBR (Syndrome Basses Richesses, zu dt. Syndrom der niedrigen Zuckergehalte) und RTD (Rubbery Taproot Disease, „Gummirübe“) auslösen. Im Jahr 2024 waren allein in Deutschland ca. 75.000 ha Zuckerrübenfläche betroffen.

Lebenszyklus der Zikaden

Von Ende Mai bis Juli fliegen die Schilf-Glasflügelzikaden in Zuckerrübenbestände ein. Sie saugen an den Blättern der Zuckerrüben und infizieren diese mit den Erregern. Im Laufe der Zeit legen sie ihre Eier an den Zuckerrüben ab. Aus diesen schlüpfen Nymphen, die im Boden leben und an den Wurzeln und Rübenkörpern saugen.

In der klassischen Fruchtfolge wird nach Zuckerrüben Winterweizen angebaut – ein Vorteil für die im Boden überwinternden Nymphen. Die Wurzeln des Weizens bieten den Nymphen ideale Bedingungen für die Entwicklung zur adulten Zikade. Im Mai und Juni des Folgejahres fliegt die neue Generation Zikaden aus dem Winterweizen in Zuckerrübenschläge ein und der Kreislauf beginnt von vorn.

Lebenszyklus der Zikade im Rübenjahr und Handlungsmöglichkeiten des Landwirts

Lebenszyklus der Zikade im Rübenjahr und Handlungsmöglichkeiten des Landwirts

Fruchtfolge als großer Hebel zur Reduktion der Nymphen-Population

Eine effektive und für jeden Landwirt bereits umsetzbare Maßnahme in bestätigten SBR- / RTD-Regionen ist die Umstellung der Fruchtfolge direkt nach der Zuckerrübenernte. Wird nach befallenen Zuckerrüben erst wieder eine Sommerung wie Mais ausgesät, dann entzieht die winterliche Schwarzbrache den im Boden überwinternden Nymphen die Nahrungsgrundlage. Das Ausflugsmonitoring in den SBR-Modellregionen im Gebiet der Südzucker hat in den Jahren 2023 – 2025 gezeigt, dass bei Sommerungen im Durchschnitt bis zu 80 % weniger adulte Zikaden ausflogen als bei Winterweizen nach Zuckerrüben.

Aktuelle SBR- / RTD-Versuchsaktivitäten

Seit sich SBR in Deutschland ausbreitet, hat KWS die Krankheit im Blick und die züchterischen Aktivitäten stark intensiviert. In diesem Jahr werden bereits 3.000 Genotypen in Freilandversuchen auf deren Toleranz gegenüber SBR / RTD getestet. Zudem wurden die internen SBR-Leistungsprüfungen auf 17.000 Parzellen auf verschiedenen Standorten in den Hot-Spot-Gebieten erweitert. Dank dieser Bemühungen stehen bereits heute bei SBR robuste Sorten mit gutem Ertragspotenzial zur Verfügung. Ziel ist es, den Schutz gegenüber SBR, aber auch RTD, weiter zu erhöhen und diese Sorten als Teil des herkömmlichen Portfolios in Kombination mit CR+, CONVISO® SMART, Nematoden- und Rizomania-Toleranz anzubieten.

Gesunde Zuckerrüben sind widerstandsfähiger

Solange die Stressfaktoren auf Zuckerrüben gering sind, sind die Pflanzen stärker und widerstandsfähiger gegenüber dem Krankheitskomplex SBR & RTD. Sie können einen gewissen Stress gut kompensieren und reagieren im Verhältnis nur mit geringen Ertragseinbußen. Wird der sogenannte „Kipp-Punkt“ überschritten, weil zu viele unterschiedliche Faktoren wie Trockenheit, Cercospora, SBR / RTD gleichzeitig einwirken, bricht die Pflanze zusammen und die Ertragsverluste steigen deutlich. Daher sollten Landwirte immer auf eine Kombination von agronomischen Maßnahmen setzen und biotischen und abiotischen Stress bestmöglich vermeiden. Über die Züchtung hinaus ist KWS bestrebt, auch agronomische Lösungsansätze voranzutreiben. Um mehr über die Schilf-Glasflügelzikade und die Krankheitsausprägung durch die bakteriellen Erreger zu erfahren und weitere Maßnahmen daraus abzuleiten, wurden verschiedene Versuche angelegt.

Agronomische Untersuchungen

Winterweizenbeizversuch

Momentan können Landwirte vor allem die adulten Zikaden während der Flugphase über Insektizide nach amtlichem Warnaufruf bekämpfen. Eine Versuchsfrage ist daher, ob die im Boden lebenden Nymphen bereits durch Beize vermindert werden können und es dadurch zu weniger Zikadenausflug aus dem „Rübenweizen“ kommt - mit einem ähnlich hohen Effekt wie mit der Umstellung der Fruchtfolge.

Im Herbst 2024 wurden zwei Winterweizenbeizversuche mit starkem Nymphen-Besatz im Boden angelegt. Dabei wurden biologische und synthetische Beizmittel getestet und mit einer Kontrolle verglichen. Um den Erfolg der Varianten zu messen, wurden im April kleine Zelte mit Fangflaschen aufgestellt. Ab Mai, aber vor allem im Juni, flogen die adulten Zikaden aus dem Boden aus und konnten gefangen und gezählt werden. Erste Erkenntnisse aus dem Versuch wurden gewonnen und müssen mit einem weiteren Versuch im nächsten Jahr verifiziert werden.

Winterweizenbeizversuch: Insektenzelte mit Fangflaschen zur Zählung der Zikaden

Winterweizenbeizversuch: Insektenzelte mit Fangflaschen zur Zählung der Zikaden

Netztunnel in Zuckerrüben zur Bestimmung der Befalls-Verlust-Relation

Netztunnel in Zuckerrüben zur Bestimmung der Befalls-Verlust-Relation

Digitales Zikaden-Monitoring

Um den Flugbeginn, die Dauer und Flugintensität der Schilf-Glasflügelzikade auf Zuckerrübenflächen festzustellen und zu dokumentieren, arbeitet KWS an der Entwicklung eines digitalen Zikaden-Monitorings. Dazu werden Klebefallen mit Kameras ausgestattet und mehrmals täglich fotografiert. Mit Hilfe einer Erkennungssoftware / künstlicher Intelligenz sollen die einfliegenden Schilf-Glasflügelzikaden auf den Klebetafeln erkannt und von anderen Zikadenarten und weiteren Insekten unterschieden werden. Auf diese Weise werden sie zählbar. Über ein Dashboard sind tagesaktuelle Daten einsehbar. In der Zukunft soll das System Landwirte bei der Entscheidung unterstützen, wann der beste Termin ist, um Maßnahmen gegen die Schilf-Glasflügelzikade zu fahren.

Befalls-Verlust-Relation zwischen Zikaden und Zuckerrüben

In welchem Zeitraum richten die Zikaden den größten Ertragsschaden an und wie lange müssen die Zuckerrüben geschützt werden? Um diese Frage zu beantworten, wurden 2024 Abdeckversuche angelegt. Hierfür wurden die Zuckerrübenparzellen vor Beginn des Zikadenzufluges mit kleinen Netztunneln abgeschirmt. Ab dem Einflug der ersten Schilf-Glasflügelzikaden wurden die Abdeckungen zu verschiedenen Zeitpunkten geöffnet und nach 10 Tagen mit Zikadenbefall wieder verschlossen. Als Vergleich gab es eine immer geöffnete und eine immer geschlossene Referenz.

Auf diese Weise ist der Ertragsverlust in Abhängigkeit vom Infektionstermin festzustellen. Gleichzeitig können die Daten mit den Ergebnissen aus dem digitalen Monitoring verglichen werden. Dabei stellte sich in den einjährigen Ergebnissen an zwei Standorten heraus, dass der frühe Zikadenbefall im Anstieg der Flugaktivität signifikant die stärksten Ertragseinbußen verursachte. Die späteren Zikaden im Verlauf der Gesamtflugphase bewirkten keine großen Ertragsverluste. Daraus konnte abgeleitet werden, dass Bekämpfungsmaßnahmen (z.B. das Applizieren von Insektiziden aus der Notfallzulassung) vor allem im frühen Zikadenzuflug eingesetzt werden sollten.

Um die Ergebnisse zu verifizieren, wurden die Abdeckversuche auch im Jahr 2025 wiederholt. Darüber hinaus wurden die Abdeckversuche in Zusammenarbeit mit dem IfZ (Institut für Zuckerrübenforschung) und der Zuckerindustrie erweitert, um mehr über die Wirkungsdauer der Insektizide zu lernen. Auf diese Weise können mehr Praxiskenntnisse über die Schilf-Glasflügelzikade und den Krankheitsverlauf von SBR / RTD gewonnen und künftige Maßnahmen weiter optimiert werden.

Fazit

KWS hat das Thema SBR & RTD fest im Blick. Neben dem starken Fokus auf züchterische Aktivitäten werden auch agronomische Lösungen fokussiert. Gleichzeitig sollten Landwirte weiterhin guten Pflanzenbau betreiben, um den Bestand auf Distanz vom „Kipp-Punkt“ zu halten.

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Ihr Ansprechpartner

Carolin Kunz
Carolin Kunz
Produktmanagerin Zuckerrübe
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