Düngung bei Wintergerste
1. Nährstoffentzug durch Gerstenpflanzen
Die Gerste ist sehr stressempfindlich, deshalb ist die gleichmäßige Versorgung mit Stickstoff im gesamten Vegetationsverlauf von großer Bedeutung. Die Stickstoffverfügbarkeit ist der limitierende Faktor bei der Ertragsbildung und entscheidet über den Rohproteingehalt, der im Korn erzielt wird. Um das Ertragspotenzial ausschöpfen zu können, muss die Nährstoffversorgung durch gezielte Düngungsmaßnahmen sichergestellt werden. Als Grundlage für die Düngung soll der Nährstoffentzug durch die Gerstenpflanzen dienen. Darüber hinaus muss die aktuelle Düngeverordnung beachtet werden.
Nährstoffgehalte Gerste
Hauptfrucht | Ernteprodukt | Nährstoffgehalt kg dt/FM | |||
N | P2O5 | K2O | MgO | ||
W-Gerste | Korn (86% TM) | 1,7 | 0,8 | 0,6 | 0,2 |
Stroh (86 % TM) | 0,5 | 0,3 | 1,7 | 0,1 | |
Korn + Stroh (86 % TM) | 2,0 | 1,0 | 1,8 | 0,3 |
(KWS LOCHOW nach Düngeverordnung 2017, Auszug)
2. N-Düngung
Stickstoff (N) fördert das Wachstum und hat einen direkten Einfluss auf die Ausbildung der Ertragsfaktoren (TKM, Kornanzahl/Ähre). Wenn bestimmte Ertragskomponenten gefördert werden sollen, muss die N-Gabe zu Beginn der Ausbildung des Organs erfolgen. Eine gute Nährstoffversorgung während der Reduktionsphase erhält die angelegten Organe. Es ist zu berücksichtigen, dass die Gerste auf zu hohes N-Angebot mit Lager reagiert. Das kann zusätzlich zu Auswuchs und einer verzögerten Abtrocknung der Bestände zur Ernte führen.
Je nach Ertragserwartung und Stickstoffmineralisierung am Standort liegt der N-Bedarf der Wintergerste bei 180 kg N/ha inkl. Nmin bei einem Ertragsniveau von 70 dt/ha nach der neuen Düngeverordnung. Für die Sommergerste liegt der N-Bedarfswert bei 140 kg N/ha bei einem Standardertrag von 50 dt/ha. Bitte beachten Sie dabei die Zu- und Abschläge der Düngeverordnung, zum Beispiel für langjährige organische Düngung, die sich aus der N-Düngebedarfsermittlung für Wintergerste ergeben.
3. N-Gaben
Andüngung (1. N-Gabe)
Die Andüngung der Gerste sollte abhängig von der Sorte an den Vegetationsstart angepasst werden. Die erste N-Gabe zur Bestockung (BBCH 21-25) hat einen direkten Einfluss auf die Bestandesdichte sowie die Ausbildung der Ertragskomponenten, was sich bei zweizeiligen Wintergerstensorten besonders zeigt. Über die Höhe der Andüngung kann man den Erhalt bzw. die zusätzliche Anlage von Nebentrieben regulieren und damit den Bestand fit für die Saison machen. Eine Herbstdüngung ist in der Regel nicht notwendig und nur unter bestimmten Vorbedingungen erlaubt, die in der Düngeverordnung geregelt und nachzulesen sind.
Die Standfestigkeit kann durch eine zu hohe erste N-Gabe negativ beeinflusst werden. Eine Abschätzung des Nmin-Gehaltes im Boden unter Berücksichtigung des Bestandes ist zur Vermeidung eines N-Überschusses sehr wichtig.
Die Höhe der Andüngung liegt je nach Bestandesentwicklung zwischen 40 kg und 60 kg N/ha. Extreme Spätsaaten sollten höher angedüngt werden.
N-Gabe zu Schossbeginn (2. N-Gabe)
Die zweite N-Gabe wird zum Schossbeginn (BBCH 30-32) ausgebracht. Sie hat einen direkten Einfluss auf die Anzahl der ährentragenden Halme und die Kornzahl pro Ähre. Stickstoff- und Wassermangel in diesem Entwicklungsabschnitt führen zu einer starken Reduktion der angelegten Triebe und Ährchenanlagen. Deshalb ist es wichtig in dieser Phase eine konstante Stickstoffversorgung zur Förderung bzw. zum Erhalt der Ertragskomponenten zu gewährleisten. So muss der Stickstoff zu Beginn der Organbildung bzw. während der Reduktionsphasen zur Verfügung stehen!
Welche ertragsbildenden Prozesse man durch Düngung zum Schossen beeinflusst und welcher Effekt dadurch erreicht werden kann, können Sie aus der Tabelle entnehmen.
In den dichten Beständen (BBCH 30) sollte die Schossgabe erst zum BBCH 32 erfolgen. Bis dahin müssen die zuletzt angelegten Nebentriebe reduziert werden. In den nicht allzu dicken Beständen (BBCH 30) muss die Nachdüngung zu Schossbeginn erfolgen, damit ausreichend Triebe erhalten bleiben.
◾ Die Stickstoffmenge in der Schossphase sollte 50 % der Gesamtmenge nicht überschreiten.
◾ Auf den leichten Standorten mit ausgeprägter Frühjahrstrockenheit kann die Schossgabe mit der Ährengabe zusammengefasst werden. Der Nitratstickstoffanteil sollte aber in diesem Fall nicht zu hoch sein.
Ährengabe (3. N-Gabe = Qualitätsgabe)
Auf den Standorten mit ausreichendem Wasserangebot kann durch die letzte dritte Stickstoffgabe (BBCH 49) die Anlage von Speicherzellen im Korn beeinflusst werden. Die Ziele sind, die Fertilität der Gerste zu fördern, die Kornmasse zu steigern sowie den Rohproteingehalt.
Ammoniumhaltige Dünger sind zu bevorzugen.
Sollwerte und Verteilung kg/ha | ||||
Fruchtart | Bodentiefe cm | Vegetationsbeginn | Schossen BBCH 30-32 | Spätgabe BBCH 49 |
W-Gerste | 0 - 90 | 50 | 90-Nmin | 50 |
(KWS LOCHOW nach Baumgärtel und Scharp, 2002)
4. Versorgung mit Grundnährstoffen und Spurenelementen
Phosphor spielt eine wichtige Rolle in dem Energiestoffwechsel der Pflanze. Bei Mangel an Phosphaten wird das Wachstum gehemmt und die Blüte und Reife verzögert. Die Phosphatverfügbarkeit wird stark durch den pH-Wert beeinflusst. Am höchsten ist die Mobilität bei pH-Werten zwischen 5,5 und 7,0. Oberhalb und unterhalb dieses Wertes sinkt die Verfügbarkeit an Phosphaten. Wintergerste nimmt so wie auch andere Getreidearten 70 % des Phosphatbedarfs im Zeitraum von Anfang März bis Ende Mai auf.
Schwefel ist ein wichtiger Baustein für S-haltige Aminosäuren und Enzyme. Seit Mitte der 80er Jahre hat der S-Ausstoß in die Luft sehr stark abgenommen, sodass den Pflanzen kaum Schwefelverbindungen aus der Luft zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund muss der S-Bedarf mineralisch abgedeckt werden. Eine Schwefelgabe (20 - 30 kg) sollte zusammen mit der N-Startgabe im Frühjahr fallen, um die Stickstoffwirkung zu unterstützen und um rechtzeitig zum Schossen zur Verfügung zu stehen.
Die Kaliumversorgung hat entscheidenden Einfluss auf den Wasserhaushalt der Pflanze. Bei optimaler Kaliumversorgung kann das Wasser von der Pflanze effizient genutzt und in Ertrag umgesetzt werden. Kalium erhöht die Zellfestigkeit der Pflanzen. Hierdurch sinkt die Lager- und Pilzanfälligkeit, was sich wiederum positiv auf den Ertrag auswirkt.
Magnesium-Mangel tritt meistens auf den leichten diluvialen Standorten auf. Bei der Düngung ist es wichtig den Ionenantagonismus zwischen NH4+ und K+ einerseits und Mg2+ -Ionen anderseits zu berücksichtigen.
Hohe Gaben von Ammonium oder Kalium hemmen die Aufnahme von Magnesium. Nitratdünger fördern dagegen die Magnesiumaufnahme. Deshalb sollte die Kalidüngung immer auf die Magnesiumdüngung abgestimmt werden. Das Verhältnis zwischen Kali und Magnesium im Boden sollte bei 2:1 liegen. Der Hauptbedarf an Magnesium liegt in der Bestockungs- und Schossphase. Der Magnesium-Mangel wirkt sich negativ auf die Kornzahl pro Ähre aus.
Mangan-Mangel tritt häufig auf kaltkhaltigen, humosen bis anmoorigen Böden sowie auf überkalkten Sandböden oder überlockerten Böden auf, da bei höheren pH-Werten Mn zu unlöslichem MnO2 oxidiert wird. Über ein Blattdüngung kann dieser Mangel behoben werden. Andererseits reagiert die Gerste auch negativ auf zu hohe Mangan-Gehalte, die auf extrem sauren Böden auftreten können.
Auf den Böden, die über Jahrzehnte nicht mit Wirtschaftsdünger gedüngt wurden, ist Cu-Mangel möglich. Betroffen sind vor allem humose, nährstoffarme Sandböden und kalkreiche Anmoor- und Moorböden, die einen hohen Humusanteil haben, der das Cu festlegt. Unter diesen Vorbedingungen kann eine Blattdüngung ab Schossbeginn sinnvoll sein. Denn Cu-Mangel führt zu empfindlichem/weichem Gewebe, welches die Anfälligkeit gegenüber Mehltau und das Lagerrisiko erhöht.