Feine Vermahlung ungünstig für Magenschleimhaut
Wie kommt es aber nun durch eine feine Futterstruktur zu Veränderungen im Magen? Der pH-Wert des gesunden Magens unterliegt einer Schichtung: vorne am Mageneingang, auch Pförtner genannt, ist der pH-Wert mit 6 oder 7 eher im neutralen Bereich, weiter hinten Richtung Dünndarmausgang sinkt der pH-Wert auf Werte zwischen 2 -3. Dieses Phänomen kann nur entstehen, wenn der Mageninhalt richtig geschichtet ist. Fein vermahlenes Futter führt zu einem Verlust an Magenschichtung, ganz im Gegenteil, der Mageninhalt vermischt sich, wodurch der Mageneingang mit Salzsäure und niedrigen ph-Werten des Magenausgangs konfrontiert wird. Eine grobe und ballaststoffreiche Futterstruktur wie es der Roggen bei entsprechender Vermahlung aufweist, kann hier entgegen wirken. So entschärfte im Versuch von Dr. Grone dann auch die Verwendung eines Anteils grob Walzenstuhl-vermahlener Getreidekomponenten (ca. 39 % der Trockensubstanz) die Magenprobleme.
Dr. Grone fand also heraus, dass eine sehr feine Vermahlung (Hammermühle, Sieb mit Lochdurchmesser 3 mm oder weniger) ungünstig für die Magenschleimhautgesundheit ist. Weizen und Roggen sollten gröber vermahlen werden (größer 3 mm umso gröber desto besser), um eine starke Nachzerkleinerung bei der Wasserzugabe oder auch bei der Pelletierung zu vermeiden. Eine ausschließliche Fermentatfütterung von Schweinen ist durch den Verlust an Struktur währen der 24-stündigen Fermentation nicht zu empfehlen. Es sollte eine Ergänzung mit Strukturkomponenten wie faserreichen / nur grob zerkleinerten Getreideprodukten (Partikelgröße unter 550 µm so minimal wie möglich halten) erfolgen. Je länger die Einweichzeit, desto mehr Bestandteile können in Lösung gehen und somit die Partikelgröße verringern. Lange Einweichzeiten sind somit zu vermeiden.
Roggen mit dickflüssiger Konsistenz
Im Versuch zeigte Roggen eine dickflüssigere Konsistenz als Weizen, wodurch der Darminhalt zähflüssiger wird, die Durchflussgeschwindigkeit sinkt. Warum und wofür ist das gut? Verantwortlich dafür sind Arabinoxylane, Fructane, Cellulose, und Beta-Glucane; sie passieren den Magen größtenteils unverdaut, da sie nicht durch körpereigene Enzyme abgebaut werden. Dies geschieht erst durch Mikroorganismen im Dickdarm. Durch die lange Passagedauer des Roggens ist der Darmtrakt lange gefüllt, was zu der gewünschten langanhaltenden Sättigung führt. Durch den Abbau von Roggen erst im Dickdarm entsteht im Vergleich zu anderen Getreidearten aus Fruktanen und Arabinoxylanen Buttersäure bzw. deren Salz, das Butyrat. Es wirkt positiv auf die Mikroorganismenzusammensetzung des Darms, weil es als Nährsubstrat für die Darmzellen dient. Alles in allem steigt hierdurch die Stabilität / Gesundheit und Funktionsfähigkeit der Darmzellen an. Das Mikrobiom im Darm hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, da man mittlerweile weiß, dass ein Hauptteil des Immunsystems im Darm sitzt und dieses über die mikrobielle Zusammensetzung der Darmflora bestimmt wird. Krankheitserreger wie z. B. Salmonellen haben es durch das Butyrat schwerer, die Darmwand zu passieren. Die langanhaltende Darmfüllung durch die Ballaststoffe sowie das Butyrat als deren Abbaustoff sollen zudem positive Effekte auf das Verhalten haben, die Tiere werden ruhiger, eben auch, weil sie länger satt sind. Der Blutzuckerspiegel bleibt stabil. Erst die neuen Analysemethoden, mit denen einzelne Kohlenhydrate betrachtet werden können, haben diese Erkenntnisse möglich gemacht.
Neben der positiven Wirkung auf die Magenschleimhaut hat Roggen weitere positive Effekte für Tiergesundheit und Tierwohl, aber auch für den Anbau speziell auf trockenen Standorten: In einer Feldstudie konnte gezeigt werden, dass eine Roggenfütterung den Ebergeruch reduziert. Und auch ackerbaulich ist Roggen interessant: er kommt durch ein gutes Wurzelwerk besser mit Trockenheit klar und wächst auch auf schlechteren Böden – vor dem Hintergrund weiterer Dürre-und Hitzesommer wie dem im letzten Jahr sind das sehr wertvolle Eigenschaften.