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10 Jahre Rüben als Biogassubstrat

27.11.2017

Wegbegleiter diskutieren beim „Biogas-Brunch“ über Vergangenheit und Zukunft

Zehn Jahre ist es her, dass Dirk Ernst und die Gesellschafter erstmalig Rüben in der Biogasanlage der BioEnergie Algermissen einsetzten. Mittlerweile ist die Rübe fester Bestandteil der Ration. Aus diesem Anlass trafen sich Pioniere und Wegbegleiter der Energierüben zu einem Biogas-Brunch.

Reinigung
„Am Anfang gab es keine Wasch- oder Zerkleinerungstechniken. Vieles haben wir hemdsärmelig angepackt“, erinnert sich Sebastian Schaffner, KWS Biogas- und Feedbeetberater. Der Erdanhang bereitete große Sorgen. Was in der Erde steckt, gehört nicht in den Fermenter - Das war der anfängliche Tenor und auch Dirk Ernsts größte Sorge. „Da sind wir mittlerweile aber völlig schmerzfrei. Heute wissen wir, dass die Schwarzerde, auf der wir unsere Rüben produzieren, nicht zur Sedimentation neigt“, ergänzt Ernst. Die meisten Biogasanlagen haben aber Probleme mit Steinen. Für jede Anlage muss deshalb ein individuelles Konzept gefunden werden, da sind sich alle Experten einig. Die Firma Blunk aus Schleswig-Holstein reinigt mit ihren zwei Anlagen der Firma Putsch jährlich ca. 250.000 Tonnen Rüben. Bei einer Reinigungsleistung von gut 100 Tonnen pro Stunde liegen die Kosten mittlerweile noch bei drei Euro je Tonne.

Einsparungen und Perspektiven für den Anlagenbetrieb unter dem neuen EEG
In Deutschland wird in der aktuellen Kampagne die Rübenerntemenge von ca. 45-50.000 ha als Biogassubstrat verwertet werden. Etwa die Hälfte davon wird zu diesem Zweck angebaut. Dr. Dirk Augustin von der Georg-August-Universität Göttingen sieht die Rübe aus mehreren Gründen als vorteilhaft an. Die Rübe bringt mehr Methan pro Hektar als Silomais. Sie ist umso vorteilhafter, je geringer die Bodenpunkte sind, da sie eine Wasserknappheit besser kompensieren kann. Und in Bezug auf die neue DüngeVO hat keine Frucht eine so gute N-Bilanz wie die Zuckerrübe. Zudem verbessert sich die Rührfähigkeit des Substrats in der Anlage. Einig sind sich alle Experten, dass die ursprüngliche Idee von Biogas, Treibhausgase einzusparen, wieder in den Vordergrund rücken sollte. Dafür sei der Königsweg, HTK in die Biogasanlagen der Ackerbauregionen zu bringen, um die Ammoniakverluste auf dem Acker zu begrenzen. „Ein hoher HTK-Einsatz kann aber nur in Kombination mit der Zuckerrübe realisiert werden, da sonst die prozessbiologische Ammoniumschwelle schneller erreicht ist“, weiß Dirk Ernst aus seiner Erfahrung zu berichten.

Die Rübe in der Milchviehfütterung
Positive Effekte der Zuckerrübe können auch in der Milchviehfütterung beobachtet werden. Die Eiweiß- und Fettgehalte in der Milch steigen an, obwohl die Rübe fast nur Wasser und Zucker und kaum Protein enthält. Das beobachtet auch Marc Berger. Der Landwirt aus dem Schwarzwald füttert im Winter acht bis zehn Kilogramm Rüben pro Kuh und Tag zusätzlich zu Gras, Mais und Kraftfutter. „Durch den hohen Zuckergehalt steht den panseneigenen Mikroben mehr Nahrung zur Verfügung. Somit kann mehr mikrobielles Protein erzeugt werden “, erklärt Ulrike Jeche, KWS Biogas- und Feedbeetberaterin. Sie sieht ein großes Potenzial der Rübe in der Milchviehfütterung. Die Futterkosten können gesenkt werden, da die Betriebe mehr eigenes Grundfutter produzieren und Kraftfutter einsparen. Zudem wird die bessere Milchqualität von den Molkereien honoriert. Wichtig ist eine ausgewogene Ration mit ausreichend Struktur. Die Betriebe tasten sich langsam an die Rübe heran und beginnen meist mit drei bis vier Kilogramm Feedbeet, bezogen auf die Frischmasse, pro Kuh und Tag. In Schleswig-Holstein betreut Ulrike Jeche auch Betriebe, die bis zu 15 Kilogramm füttern. „Wir sind in Deutschland noch ganz am Anfang. In Belgien oder Dänemark werden Zuckerrüben schon seit vielen Jahren an die Tiere verfüttert. Mengen bis zu 25 Kilogramm sind nicht ungewöhnlich. Das ist mehr als ein ganzer Eimer Zucker pro Tag!“, erzählt Ulrike Jeche.

Lagerungsverfahren mit neuen Perspektiven
Lagerungsversuche von Zuckerrüben führt das 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie gemeinsam mit Projektpartnern und Praxisbetrieben seit dem Jahr 2007 durch. „Die Praxis zeigte, dass wir uns am unteren Rand der angenommenen Verluste befinden. Im Erdbecken konnten wir 10-13% Lagerungsverluste feststellen. Im absätzig befüllten Hochsilo sind es 5-10%. Das ist vergleichbar zu Silomais“, erläutert Dr. Marie-Luise Rottmann-Meyer. Die meisten Betriebe beginnen mit der Fütterung von frischen Rüben im Herbst und roden auf geeigneten Standorten bis in das Frühjahr hinein zur Frischverfütterung. Zuckerrüben lassen sich auch in Mieten bis zu einem halben Jahr lagern und frisch verfüttern. Es ist wichtig, eine standortangepasste Sorte zu wählen. „Auf einem Schlag mit Nematodenbefall sollte auch eine nematodentolerante Sorte stehen. Sind die Rüben nicht optimal gewachsen, verrotten sie schneller in der Miete und die Lagerfähigkeit ist nicht gegeben.“, erklärt Dr. Alexander Coenen, KWS Regionenleiter Zuckerrübe Deutschland und Österreich. Die BioEnergie Algermissen erreicht eine Ganzjahresversorgung mit Rüben durch das Einsilieren in den Mais. Die Rüben werden mit einer Schnitzelschaufel in die Maissilage eingearbeitet. Der Sickersaft aus den Rüben wird vom Mais aufgefangen, sodass Mischsilagen bis zu 25% Rüben enthalten können. Dr. Dirk Augustin berichtet von ersten Erfahrungen in der Mischung mit Maisstroh aus der Körnermaisproduktion: „Ein interessantes Verfahren! Der Körnermais könnte mit Prozesswärme getrocknet werden und die ersten Versuche zeigen eine überraschend gute Gasausbeute aus diesem Material. Zudem passen das trockene Material und der Erntezeitpunkt sehr gut zur Rübe.“ Die KWS Berater berichten, dass sich auch phytosanitäre Vorteile in manchen Regionen mit starkem Körnermaisanbau ergeben können.

Anbau
„Der Anbau von Zuckerrüben für die Biogas- oder Milchviehnutzung unterscheidet sich kaum von der Zuckerproduktion“, betonen Hans-Wilhelm Roth und Fritz-Jürgen Lutterloh von KWS. Auf die Amino-N-Gehalte muss keine Rücksicht genommen werden. Stickstoff-Steigerungsversuche zeigen aber, dass höhere Gaben nicht zu höheren TS-Erträgen führen, sondern zu mehr Blattmasse. Wenn überhaupt, werden die Rüben nur leicht höher angedüngt. So verbessert sich die Vitalität der Blätter und die Rübe wird etwas robuster. Zudem kann die Rübe auch sehr gut rein organisch mit Gärresten geführt werden. Rüben für die Biogasnutzung müssen bei der Ernte nicht geköpft werden. Die geringsten Ernteverluste erhält man beim Entblättern der Rüben.

Am Ende sind sich alle einig: Die Rübe gehört in die Biogasanlagen und die Vorteile müssen weiter kommuniziert werden.

Eileen Lohrberg, Trainee Vertrieb Zuckerrübe
Ulrike Jeche, Beraterin KWS Energierübe / KWS Feedbeet
Sebastian Schaffner, Berater KWS Energierübe / KWS Feedbeet