Gesünderen Sorten eine Chance geben...
sie werden immer wichtiger
Manja Landschreiber, LWK Schleswig-Hostein, Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt
02.07.2019
Die Grundlage für die Fungizid-Behandlungsintensität von Getreide im Frühjahr wird mit der Aussaat im Herbst gelegt. Sorte und Saatzeit sind dabei entscheidende Parameter, die jeder Landwirt selbst in der Hand hat. Krankheitsanfällige Sorten, besonders in Kombination mit einer Frühsaat, müssen im Frühjahr intensiver geführt werden. Letztendlich entscheidet dann die Witterung über das Auftreten von Pilzkrankheiten und somit über die tatsächliche Fungizid-Intensität. In der Vergangenheit, als noch eine Vielzahl von Wirkstoffen zur Verfügung stand, waren auch krankheitsanfällige Sorten gut zu führen.
Chlorthalonil ist aber derzeit der einzige Wirkstoff, mit dem Ramularia collo-cygni sicher bekämpft werden kann. Die hohe Anpassungsfähigkeit des Erregers hat zu einer hohen Resistenz gegenüber allen weiteren Wirkstoffgruppen geführt. Aufgrund des starken Ertragsrisikos und der weiteren Verbreitung in den Norden Deutschlands ist die Relevanz für den Winter- und Sommergerstenanbau hoch. Toleranzen im derzeitigen Sortenspektrum der Gerste gegenüber der Krankheit Ramularia collo-cygni sind nicht bekannt. Da der Wirkstoff Chlorthalonil keine Zukunft mehr hat, wird eine zuverlässige Bekämpfung nicht mehr möglich sein. Damit ist der Gerstenanbau mit einem großen Fragezeichen versehen.
Im Bereich der speziellen Mehltau Präparate werden die Wirkstoffe Fenpropimorph und Fenpropidin von den Zulassungsinhabern nicht weiterverfolgt, da man sich kaum Chancen für eine weitere Wirkstoffverlängerung ausrechnet. Damit fallen auf Schlag zwei wichtige Wirkstoffalternativen zu den resistenzbehafteten Spezialisten Vegas und Talius weg. Wie prekär die Lage momentan ist, zeigen die Ergebnisse der Mehltau-Resistenzuntersuchungen aus Schleswig- Holstein. Beim Wirkstoff Cyflufenamid aus dem Produkt Vegas läuft es auf eine Qualitative Resistenz hinaus. Das heißt, es ist im Feld eine klare Ja/Nein Entscheidung. Für den Wirkstoff Proquinazid (Talius) konnte über die Jahre ebenfalls ein Sensitivitätsverlust beobachtet werden. Dieser verhält sich aber quantitativ, das heißt Aufwandmengenabhängig. In der Konsequenz muss man sich nun die Frage stellen, wie ab 2021 die Mehltaubekämpfung aussehen soll, wenn auch Produkte wie Corbel und Capalo von der Bildfläche verschwunden sind. Eine integrierte Bekämpfung auf Grundlage von beobachtbarem Befall ist dann nicht mehr zu gewährleisten. Mehltauanfällige Sorten können und dürfen so gesehen nicht mehr angebaut werden.
Ebenfalls angespannt, aber nicht so akut, ist die Lage bei Septoria tritici im Weizen. Die verbleibenden Fungizide sowie neue in der Zulassung befindliche Fungizide werden diese Lücke vorerst füllen. Die große Herausforderung besteht darin, verantwortungsbewusst mit den vorhandenen und dann neuen Wirkstoffen umzugehen. Schärfere Zulassungskriterien und die daraus resultierenden geringeren Mittelverfügbarkeiten sind Fakt.
Das heißt, für die voraussichtlich verbleibenden und neu hinzukommenden Wirkstoffe ist die Gefahr neuer Resistenzen sehr hoch. Damit auch die neuen Fungizide nicht schnell verheizt werden, ist eine möglichst geringe Anwendungshäufigkeit zwingend erforderlich.
Um die Behandlungshäufigkeit zu senken, muss der Krankheitsdruck schon im Vorfeld durch ackerbauliche Maßnahmen reduziert werden. Die konsequente Nutzung von Sortentoleranzen leistet, beispielsweise gegenüber Rostkrankheiten, Echtem Mehltau und Septoria tritici einen erheblichen wichtigen Beitrag. Aber auch die Resistenzeigenschaften der Sorten gilt es möglichst lange zu erhalten. Dafür sind Kenntnisse über die Eigenschaften einzelner Sorten von enormer Bedeutung. In der Konsequenz muss aber auch die Bereitschaft steigen, eine Vielzahl von Sorten zu empfehlen und anzubauen.
Eine Konzentration auf nur einige wenige Sorten hat ebenfalls Auswirkung auf die Langlebigkeit der Resistenzeigenschaften. Ein Verlust von Toleranzeigenschaft muss schnell erkannt und in der Beschreibung der Sorten sowie der Beratung kommuniziert werden.
Der Winterroggen, der in der Vergangenheit das Image des leichten Standortvertreters hatte, ist in den letzten Jahren vermehrt auf gute Standorte vorgerückt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die einfachere Krankheitsbekämpfung ist sicherlich einer davon.
Krankheiten wie Septoria tritici oder Ramularia collo-cygni kommen in dieser Kulturart nicht vor. Nichts desto trotz findet man auch hier alte Bekannte, wie z.B. Halmbruch, Braunrost, Rhynchosporium secalis, oder Mehltau. Braunrost kann nach wie vor gut bekämpft werden, hier ist der Termin der entscheidende Faktor. Für Rhynchosporium stehen ebenfalls Produkte zur Verfügung. Allerdings kann der Mehltau sich durchaus problematisch entwicken. Mit dem Anbau einer Mehltauanfälligen Sorte würde man sich also im selben Problemfeld wie im Weizen befinden.