Einbeck
Das Forschungsprojekt „6-R“ und Feldstudien belegen es: Höhere Anteile von Roggen in der Schweinefütterung sorgen für mehr Tierwohl. Sowohl „6-R“ als auch die Feldstudien unterstützt KWS als Wirtschaftspartner.
Die deutliche Abnahme beziehungsweise Vermeidung des Ebergeruchs in der Jungebermast, eine generelle Reduktion der Salmonellenbelastung um ca. 35 Prozent sowie eine deutliche Steigerung des Wohlbefindens der Tiere mit weniger aggressivem Verhalten: Das sind die vielversprechenden Ergebnisse praxisorientierter Feldstudien, die derzeit durch wissenschaftlich basierte Daten und Versuche im „6-R“-Projekt1 ergänzt werden. Ziel des Forschungsprojektes „6-R“ ist es, die spezifischen Inhaltsstoffe von Raps und Roggen zu untersuchen und mögliche positive Auswirkungen hoher Roggenanteile in Mischfutterkonzepten für Schweine zu nutzen. Neben KWS als Wirtschaftspartner sind die Tierärztliche Hochschule Hannover unter Leitung von Prof. Dr. Josef Kamphues, zwei weitere, renommierte Tierernährungsinstitute2 sowie der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) mit zwei Mitgliedsunternehmen beteiligt. Gefördert wird „6-R“ durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
„Die Ergebnisse einer vorangegangenen und noch andauernden Feldstudie und die umfangreichen Forschungsansätze im „6-R“-Projekt verweisen auf das erhebliche Potenzial von Roggen für eine nachhaltige und gesunde Schweinefütterung“, bestätigt Kamphues. „Der Verbraucher erwartet auch von uns, das heißt von der Tierernährung und von der Fütterung, neue Ansätze, die das Tierwohl fördern. Und in diesem Zusammenhang verdient der Roggen tatsächlich unser Interesse.“ Einen wichtigen Beitrag kann Roggen in der Schweinefütterung beispielsweise in der Diskussion um die betäubungslose Kastration von Ferkeln nach der Geburt liefern. Die Ergebnisse einer Studie „Tiergerechte Schweinefütterung und die Bedeutung von ballaststoffreichem Getreide“, die KWS gemeinsam mit der genossenschaftlichen Viehvermarktung Walsrode e.G. und dem DRV durchführt, könnten die Risiken einer Ebermast erheblich entschärfen. Beobachtet und dokumentiert werden eine deutliche Abnahme bzw. Vermeidung des Ebergeruchs in der Mast, wenn die Eber mit höheren Anteilen von Roggen gefüttert werden. „Seit wir unsere Tiere mit Roggen füttern, haben sich die Beanstandungen wegen Geruchsabweichungen erheblich verringert“, sagt Willi Behrens von der Viehvermarktung Walsrode e.G., der die Praxisstudie federführend begleitet. „Mit der neuen Futterzusammenstellung sind die Eber von 8 der 9 teilnehmenden Ebermastbetriebe gar nicht mehr geruchsbelastet.“ Auch eine stärkere Beruhigung der Tiere durch den ballaststoffreichen, sättigenden Roggen ist auffallend. „Unsere Verluste an Tieren sind deutlich gesunken. Die Schweine sind viel ruhiger, das ist deutlich spürbar, wenn man die Stallung betritt“, so Behrens.
Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen ist klar, dass sich immer mehr Verbraucher einen Fleischgenuss wünschen, der im Einklang mit dem Tierwohl steht. Die Studie zeigt, dass neue Konzepte in der Tierernährung hier eine Schlüsselrolle spielen können. An der Praxisstudie nehmen mittlerweile 18 Betriebe teil, in ihnen wurden während der noch laufenden Testphase bereits über 60.000 Mastschweine mit einem Anteil von 40 Prozent Roggen in der Mischung für die Endmast gefüttert.
Das „6-R“-Projekt liefert wissenschaftlich fundierte Daten
Aus Sicht der Tierernährung spielen die besonderen Inhaltsstoffe des Roggenkorns, die in der klassischen Futteranalytik nicht erkannt werden, eine entscheidende Rolle. Dabei geht es um die Roggen-Ballaststoffgehalte, wobei insbesondere der Gehalt an Fruktanen und löslichen Arabinoxylanen entscheidend ist. Dieser ist in Roggen etwa doppelt so hoch wie in den anderen Getreidearten. Der mikrobielle Abbau dieser besonderen Ballaststoffe im Roggen führt zu einer erhöhten Bildung von Buttersäure im Darm der Schweine. Dabei steht die Bestätigung der Hypothese – nämlich einer Verminderung des Ebergeruchs und der Salmonellenbelastung durch die erhöhten Buttersäurewerte – im Fokus des „6-R“-Projektes.
1: 6-R steht für den Projekttitel „Regionale Renaissance von Roggen und Raps zur Reduktion von Problemen in Pflanzenbau und Tierproduktion durch Reevaluation der Inhaltsstoffe und deren gezielte Nutzung zur Förderung des Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutzes“.
2: Freie Universität Berlin, Institut für Tierernährung, vertreten durch Prof. Dr. Jürgen Zentek
Universität Bonn, Institut für Tierwissenschaften, vertreten durch Prof. Dr. Karl-Heinz Südekum