Zur Ernte 2023 lässt sich eine beinahe verdoppelte Anbaufläche von 50.000 ha in Deutschland prognostizieren, was dennoch nur ca. 4 % der gesamten Wintergerstenfläche ausmacht. Die Wintergerstenfläche ist in vielen Fällen in der Fruchtfolge gesetzt. Meist als optimale Vorfrucht zu Winterraps, um Winterfeuchtigkeit auszunutzen, oder einfach als abtragende Kultur, die zudem das Erntezeitfenster entzerrt. Die Wintergerste geht folglich zu 96 % in den Futtertrog. Nun haben wir einen Rückgang der Schweinehaltung um 10 % im Jahr 2022 erlebt, weitere Rückgänge sind wahrscheinlich. Es errechnen sich daraus 120.000 t Gerste bzw. 17.000 ha, die schon 2022 nicht mehr im Schweinefutter verbraucht wurden. Ehemalige Veredlungsbetriebe werden zu reinen Marktfruchtbetrieben – vielleicht ist es Ihr eigener Schweinestall oder einer in Ihrer Nachbarschaft, der nun leer steht?
Bei einer Prämie auf den Futtergerstenpreis, die im Schnitt der letzten beiden Jahre > 100 €/t lag, ist es auf vielen Flächen eine Überlegung wert, von der Winterfuttergerste auf den Anbau einer Winterbraugerste umzusteigen. Die Winterbraugerste hat einen geringeren Stickstoffbedarf, was im Fall von nun nicht mehr vorhandener Schweinegülle gut passt. Gleiches gilt für Ackerflächen, die in sogenannten roten Gebieten liegen, was die Stickstoffdüngung ohnehin begrenzt.
Vorteile von Winterbraugerste
Sollten Sie vor der Entscheidung stehen, ob Sie eine klassische Winterbraugerste wie z.B. KWS SOMERSET oder KWS DONAU anbauen oder doch eine Sommergerste in der späten Herbstaussaat, geben wir Ihnen gerne die Argumente an die Hand, welche nur die Winterbraugerste mitbringt:
- Ausnutzung guter Aussaatbedingungen ab Ende September, ggf. mit der Möglichkeit einer organischen Düngung.
- Durch diesen Aussaattermin vermeiden Sie das Risiko, in einem nassen Herbst die Sommergerste nicht mehr in den Boden zu bekommen. Je schwerer der Boden desto problematischer.
- Ausgeprägte Winterhärte der Winterbraugerste gegenüber einer Sommergerste, die im Herbst ausgesät wird.
- Bedenken Sie die GAP Verpflichtungen (80 % Bodendeckung über Winter), das kann verhängnisvoll werden, wenn dafür vorgesehene Sommergerste-Herbstaussaat aufgrund der Witterung nicht gedrillt wurde.
Aus Sicht der Mälzer und Brauer bietet die Winterbraugerste ein zusätzliches Angebot mit Rohstoff aus der Region. Dazu kommt die neuere Erkenntnis, dass Winterbraugersten eine geringere Temperatur beim Maischen erfordern, was Energie spart und die wichtigen Enzyme schont. Dem hingegen brauchen neueste Sommergerstensorten tendenziell höhere Temperaturen. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von der Verkleisterungstemperatur. Besonders gut geeignet ist die Winterbraugerste zur Herstellung von Weizenbier, da diese beiden Malze sehr gut im Brauprozess zusammenpassen.
Sortenentscheidung
Aus dem aktuellen Sortenportfolio hat KWS SOMERSET (zweizeilig) die größte Marktbedeutung und volle Akzeptanz bei den Mälzern. Die neuere KWS DONAU (zweizeilig) hat sich bereits bewährt und bringt agronomisch die Vorteile noch früherer Abreife und sicherer Vollgerstenanteile mit. In den nord- und ostdeutschen Gebieten, zunehmend aber auch im Süden, kommt die mehrzeilige KWS FARO als Winterbraugerste ins Spiel. Flächenstarke Betriebe im Nordosten verlängern mit dieser besonders frühreifen Sorte erfolgreich das Erntezeitfenster und generieren so wertvolle Tage, in denen Mähdrusch und Stoppelmanagement vor der nachfolgenden Rapsaussaat stattfinden.
Wie so oft in der Landwirtschaft gilt „Probieren geht über Studieren“. Für Neueinsteiger bedeutet dies, je nach Flächenumfang evtl. nur einen Teil der Wintergerste mit Winterbraugerste zu bestellen oder auch mal Sommergerstenfläche durch Wintergerste zu ersetzen. Dieses Jahr wäre dies eine glückliche Entscheidung gewesen, da uns Petrus im März und April doch kaum einen Tag auf den Acker gelassen hat.