Dr. Harriet Gruber und Carolina Wegner, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern
Winterroggen ist eine der wichtigsten Getreidearten auf den leichten Standorten im Nordosten Deutschlands. Nach wie vor ist der Populationsroggen im Ökolandbau die am häufigsten angebaute Sortengruppe. Allerdings ist nach Angaben von Saatgutanbietern das Interesse an Hybridsorten in den letzten Jahren gewachsen. Besonders in Großbetrieben und bei den Umstellern werden mehr und mehr auch Hybridsorten nachgefragt. Letztere sind mit dem Anbau von Hybriden vertraut und wollen auch als Ökolandwirte auf deren Vorteile nicht verzichten.
Nur wenige Populationssorten in der Zulassung
Obwohl Populationsroggensorten nach wie vor hoch im Kurs stehen, bleibt das Sortenspektrum vergleichsweise gering. In der Sortenzulassung werden von konventionellen deutschen Züchtern vor allem Hybridsorten angemeldet. So verwundert es nicht, wenn in der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes den 23 Hybridsorten nur 9 Populationssorten gegenüberstehen. Erfreulich ist, dass 2018 eine Populationssorte neu zugelassen wurde. Die derzeit am häufigsten angebaute und zweitjüngste Populationssorte zur Körnernutzung ist die Sorte Inspector (2013). Die älteste in der Sortenliste verzeichnete Populationssorte ist die Sorte Amilo (1992). Dazwischen liegen Sorten wie Conduct (2006) und Dukato (2008), die beide nach wie vor eine gewisse Anbaubedeutung haben. Seit Jahren werden auch Populationssorten aus Polen und Österreich geprüft und angebaut.
Obwohl Sortenversuche längst nachgewiesen haben, dass auch im Ökolandbau mit neuen Hybridzüchtungen mehr Ertrag erzielt werden kann, ist die Prioritätensetzung bei den Ökolandwirten eine andere. Hauptgrund sind die doppelt so hohen Saatgutkosten und die fehlende Nachbaumöglichkeit bei den Hybriden. Aber auch die verstärkte Anfälligkeit alter Hybridsorten für Braunrost und Mutterkorn schreckte Ökolandwirte lange ab. Die verbesserte Pflanzengesundheit neuer Züchtungen und ihre Ertragsvorteile sowie die damit verbundenen ökonomischen Auswirkungen werden bei der Bewertung häufig außer Acht gelassen. Nicht zuletzt geben die Richtlinien der Anbauverbände vor, bevorzugt nicht hybrides Saatgut zu verwenden oder sie sprechen gar ein Verbot aus.
Erträge von Hybridroggen deutlich höher
Der Vergleich von aktuellen Sortenversuchsergebnissen zeigt, dass im Mittel verschiedener Standorte mehrjährig mit Hybridsorten bis zu 47 % mehr Kornertrag erreicht werden kann (Abb. 1). Auch im sehr trockenen Jahr 2018 wurde mit der besten Hybride im Vergleich zur Populationssorte Inspector in Anhängigkeit vom Standort zwischen 8 und 13 dt/ha mehr geerntet. Dabei hängt die Höhe der Ertragsdifferenz nicht nur von der Bodenqualität ab. Zum Beispiel konnten die Sandböden im Osten während der Vegetationszeit 2018 mehr Niederschläge für sich verbuchen und in der Folge eine höhere Ertragsdifferenz erzielen als die besseren Böden im Westen.
Obwohl Auswertungen vor knapp 10 Jahren ebenfalls einen deutlichen Ertragsunterschied ergaben, hat dieser sich durch Einführung neuer Hybridsorten weiter erhöht. Auch damals konnte sowohl auf besseren als auch auf sandigen Standorten der Hybridroggenanbau als ökonomisch sinnvoll eingeschätzt werden.